Gerast in der Schweiz

Dass in der Schweiz drakonische Strafen für Geschwindigkeitsüberschreitungen ausgesprochen werden, dürfte mittlerweile bekannt sein. Dies hier ist allerdings einmal ein extremer Fall:

Mehrfach hat der Straßenverkehrsteilnehmer in der Schweiz die Geschwindigkeit erheblich überschritten. Dies führte zu einer Verurteilung und einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten sowie eines Teils der Taten einer weiteren Freiheitsstrafe von 18 Monaten, diese wurde zur Bewährung ausgesetzt. Das schweizerische Bundesamt für Justiz ersuchte insoweit um Übernahme der Strafvollstreckung aus diesem Urteil gegen den deutschen Täter.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart beantragte die Vollstreckung des Urteils, dies wurde vom LG Stuttgart abgelehnt. Begründet wurde diese Ablehnung mit einer auf der Hand liegenden Unverhältnismäßigkeit der Strafe (Freiheitsstrafe!) zu den zugrunde liegenden Geschwindigkeitsverstößen. Das Gericht wies darauf hin, dass eine Straßenverkehrsgefährdung nicht gegeben war, insoweit tatsächlich nur – wenn auch erhebliche – Geschwindigkeitsüberschreitungen vorlagen.

Die Anordnung der Vollstreckbarkeit eines ausländischen Urteils ist dann unzulässig, wenn sie wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung widerspricht (§ 73 IRG). Ein solcher Widerspruch liegt nicht bereits dann vor, wenn sich das ausländische Verfahren in materieller oder prozessrechtlicher Hinsicht unterscheidet. Eine Verletzung ist aber dann gegeben, wenn dem Verurteilten eine Behandlung oder Strafe droht, die nicht nur einfach-rechtlichen Vorgaben in Deutschland widerspricht, sondern verfassungsrechtlichen Prinzipien. Insoweit ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch nicht durch eine harte Strafe verletzt, dies liegt erst dann vor, wenn unter jedem erdenklichen Gesichtspunkt die Strafe unangemessen ist. Insoweit hat das Gericht dann darauf hingewiesen, dass die Geschwindigkeitsverstöße ohne weitergehende Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer in Deutschland lediglich als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße (und gegebenenfalls einem Fahrverbot) geahndet werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe erscheint insoweit unverhältnismäßig.

LG Stuttgart, 21 StVK 172/17

 

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