Selbst wenn ein dringender Tatverdacht besteht und der Täter vielleicht auch wirklich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, verstößt die erstmalige Entscheidung über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO gegen die Verhältnismäßigkeit, wenn diese mehr als 9 Monate nach der Tat erfolgt und zwischendurch fast 7 Monate praktisch keine Ermittlungshandlungen vorgenommen worden sind.
LG Hamburg, 612 Qs 67/24
Und wenn das Berufungsgericht einen solchen Beschluss fasst, nachdem im Ermittlungsverfahren keine vorläufige Entziehung erfolgte, dem Angeklagten aber im erstinstanzlichen Urteil mit der Verurteilung die Fahrerlaubnis entzogen wurde (durch das eingelegte Rechtsmittel nicht rechtskräftig, deshalb der jetzige Beschluss), muss der Zeitablauf von über 17 Monaten berücksichtigt werden. Bei der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Straßenverkehrssicherheit und dem Interesse des Angeklagten an der Nutzung seiner Fahrerlaubnis erhöhen sich mit dieser Zeit die Anforderungen, zumal zwischenzeitlich keine Auffälligkeiten beim Fahrer gegeben waren. Der Charakter einer Eilmaßnahme war auch nicht mehr ersichtlich.
OLG Karlsruhe, 2 Ws 355/24
Hier ging es um eine schweizer Fahrerlaubnis, die für das Bundesgebiet vorläufig nach § 111a StPO entzogen werden sollte.