Wie darf geschätzt werden?

Eine alte Kasse (aus den 80er Jahren) ist natürlich manipulierbar. Wenn allerdings keine Manipulation festgestellt werden kann, darf die entsprechende Buchhaltung nicht ohne weiteres verworfen werden. Auch wenn die Buchhaltung, insofern als objektiv falsch angesehen wird, muss man bei der Schätzung aber beachten, dass das Wissen über die Manipulierbarkeit erst nach und nach aufgekommen ist. Bei Führung zusätzlicher Nachweise kann sogar eine Zuschätzung komplett entfallen.

BFH, X R 3/22

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Absehen vom Fahrverbot wegen dringender Notdurft

Wer in einem Stau die Rettungsgasse benutzt, um zu einem Parkplatz zu kommen, um einem medikamentös verstärkten dringendem Harndrang nachzukommen, muss nicht immer subjektiv einen groben Pflichtenverstoß begehen. Hier hatte der Verkehr auch wieder begonnen, sich langsam zu bewegen, so dass mit der Durchfahrt weiterer Rettungskräfte nicht gerechnet werden konnte. Die Verrichtung der Notdurft im Stau war nicht möglich, das Betreten der Autobahn ist nämlich nach § 18 IX StVO verboten. Auch wäre dies eine nicht unerhebliche Eigengefährdung gewesen.

Es wurde die Regelbuße von 240 € verhängt, vom Fahrverbot wurde abgesehen.

OLG Hamm, 5 Orbs 35/24

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Verstöße gegen Ruhezeiten und die Verantwortung des Geschäftsführers

Es traten bei einer Speditions-KG mehrere Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten auf. Der Geschäftsführer wurde wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das Fahrpersonalgesetz zu einer Geldbuße von 25.000 € verurteilt.

Der Betroffene ist nur Unternehmer (§§ 8, 8a FpersG), wenn er Unternehmer, vertretungsberechtigtes Organ einer Kapitalgesellschaft (hier befürwortet für den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer KG) ist oder mit der Verkehrsleitung explizit beauftragt und bevollmächtigt wurde. Er handelt dann pflichtwidrig, wenn er es unterlässt, die Einhaltung der Sozialvorschriften durchzusetzen. Hierzu gehören auch entsprechende Überprüfungen und Hinweise an die Fahrer. Diese müssen dann auch ursächlich gewesen sein, auf die subjektive Vorwerfbarkeit gegenüber den Fahrern kommt es nicht an.

Räumlich müssen die Verstöße in der EG oder dem Verkehr zwischen EG und der Schweiz oder den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum begangen werden. Diese müssen auch im Einzelnen im Urteil dargestellt werden.

Und da es sich bei dem Unterlassen der Kontrolle um einen einheitlichen Verstoß handelt, kann regelmäßig auch nur eine Geldbuße verhängt werden.

Soll der Bußgeldrahmen (wie hier) nahezu vollständig ausgeschöpft werden, muss das Gericht ausreichende Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen treffen. Dies kann auch – bei mangelnder Mitwirkung – durch eine Schätzung geschehen.

OLG Hamm, III-4 Orbs 31/24

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Kreuzungsunfall

Vorfahrtsberechtigt war eine Kolonne von 5 Fahrzeugen. Der Fahrer des ersten Fahrzeugs verständigte sich mit einem von links kommenden Einbieger, diesem Vorfahrt zu gewähren (§ 11 III StVO). Als er einfahren wollte, überholte ein sechstes Fahrzeug die wartende Kolonne auf der Gegenfahrbahn, es kam dann zum Unfall.

Hiermit musste nicht gerechnet werden, wer eine Kolonne in Unkenntnis der Gründe ihres Anhaltens überholt und hierbei die Gegenfahrbahn nutzt, überholt bei unklarer Verkehrslage i.S.v. § 5 III 1 StVO. Das Ausmaß der Sorgfaltswidrigkeit steigt umso mehr an, je weniger der Überholende die Verkehrslage vor dem ersten Fahrzeug übersehen kann. Dann kann für den Einbieger ein unabwendbares Ereignis vorliegen und es zur Haftungsfreistellung nach § 17 III 1 StVO kommen. So war es hier, der Überholer haftet alleine.

LG Wuppertal 14 O 4/24

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Schaden durch aufgeschleuderte Steine

Werden von einem Mähtraktor Steine hochgeschleudert, während eine an der Straße gelegene Wiese gemäht wird, liegt eine Schadensverursachung beim Betrieb des Traktors vor. Hier wurde ein Motorradfahrer verletzt, sein Motorrad beschädigt. Ein Mitverschulden lag nicht vor, der Halter des Traktors haftet aus Gefährdungshaftung zu 100%.

OLG Naumburg, 9 U 74/23

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