Zwar steht den Tatrichter ein Beurteilungsspielraum zu, um Verstöße im Straßenverkehr mit der im Einzelfall angemessenen Sanktion zu begegnen, allerdings muss er, wenn er von einem eigentlich verwirkten Regelfahrverbot absehen will, erheblichen Begründungsaufwand leisten. Das Rechtsbeschwerdegericht kann seine Entscheidung nur daraufhin überprüfen, ob das Ermessen durch den Tatrichter fehlerhaft ausgeübt wurde, hat aber in Zweifelsfällen die Bewertung des Tatrichters zu respektieren.
Regelmäßig setzt ein Absehen vom Regelfahrverbot voraus, dass der Betroffene Ersttäter ist, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht überdurchschnittlich sind, die Tat fahrlässig begangen wurde und die Regelgeldbuße zumindest verdoppelt werden kann. Auch muss dargelegt werden, weshalb im konkreten Fall eine Einwirkung durch Verhängung eines Fahrverbots nicht erforderlich ist. Sofern keine ganz erheblichen Härten vorliegen, müssen eine Vielzahl von Umständen zusammenkommen. Es ist auch nicht völlig ausgeschlossen, so auch bei einem Wiederholungstäter zu entscheiden. Dann allerdings ist eine noch vertieftere Befassung mit den Besonderheiten des Einzelfalls erforderlich.
Dass ein Fahrverbot auch Auswirkungen im beruflichen Bereich des Betroffenen hat, stellt eine Besonderheit dar. Kann der Betroffene Auswirkungen auf seine berufliche Tätigkeit ohne besonderen Aufwand vermeiden, ist auch die mit einem erhöhten Bußgeld verbundene Abschreckfunktion und damit die hieraus resultierende, erzieherische Wirkung nur als gering anzusehen.
Im entschiedenen Fall ging es um einen Vertriebsbeauftragten, der innerhalb seines Verkaufsgebietes Kunden betreut. Der Arbeitgeber hatte bescheinigt, dass ein Einsatz an anderer Stelle des Unternehmens nicht möglich sei und ein längerer zusammenhängender Urlaub nicht in Betracht kommt, da dies zu hohem Umsatzverlust beim Arbeitgeber führen würde. Insoweit hatte der Arbeitgeber auch bestätigt, dass im Falle eines Fahrverbots eine Kündigung in Betracht gezogen wird.
OLG Zweibrücken, 1 OWi 2 Ss Bs 84/18
Anmerkung: Die Entscheidung scheint relativ hohe Hürden für ein Absehen vom Fahrverbot aufzustellen. Allerdings gibt sie auch genaue Anhaltspunkte, unter welchen Aspekten von einem Fahrverbot abgesehen werden kann und wie dies zu begründen ist.