Wenn die Messstelle mehrere 100 m außerhalb der bebauten Ortslage liegt und sich dort lediglich auf einer Seite ein Gehöft befindet, ansonsten ausschließlich Felder und Bäume entlang der Straße, sind außergewöhnliche Besonderheiten gegeben, die es nahelegen, dass ein ortsunkundiger Betroffener meinen kann, sich bereits außerorts zu befinden. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung kann dann in subjektiver Hinsicht weniger schwerwiegend sein und auf der flüchtigen Unaufmerksamkeit beruhen, sodass der Pflichtenverstoß nicht als grob zu bewerten ist.
Aus diesem Grund hat das Amtsgericht von der Verhängung eines Regelfahrverbots abgesehen, die von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsbeschwerde blieb erfolglos.
OLG Brandenburg, (2B) 53 Ss-OWi 534/19
Aber Vorsicht: Hier handelte es sich um einen Ausnahmefall. Anders als beim sogenannten Augenblicksversagen, bei dem ein Verkehrsschild übersehen wird, müssen außergewöhnliche Umstände hinzukommen, wenn ein Fahrzeugführer nach Verlassen des Ortskerns aufgrund dünner werdender Besiedelung und weitgehend fehlender Bebauung ohne Ortsendeschild annimmt, sich bereits außerhalb der Ortschaft zu befinden. Dies ist nämlich nicht eine bloß flüchtige Unaufmerksamkeit, sondern entweder ein gänzlich unaufmerksames Fahrverhalten oder ein aktiver gedanklicher Prozess, bei dem der Betroffene Vermutungen über die Fortgeltung der Geschwindigkeitsbeschränkung anstellt. Hierbei muss ihm aber bewusst sein, dass er falsch liegen könnte.
Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten lag hier eine derartig außergewöhnliche Beschaffenheit vor, das vom Fahrverbot abgesehen werden konnte. Der ortsunkundige Betroffene konnte annehmen, sich bereits außerorts zu befinden.