Im Strafrecht besteht die Möglichkeit eines beschleunigten Verfahrens, wenn die Sache einen einfachen Sachverhalt und eine eindeutige Beweislage aufweist. Der Antrag wird von der Staatsanwaltschaft gestellt (§ 417 StPO). Es kann nur auf Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr entschieden werden. Eine Maßregel darf nicht ausgesprochen werden, allerdings die Entziehung des Führerscheins (§ 419 StPO). Sind mehr als 6 Monate Freiheitsstrafe zu erwarten, muss ein Pflichtverteidiger bestellt werden. In diesem Verfahren wird die Hauptverhandlung innerhalb von 6 Wochen nach entsprechender Antragstellung durch die Staatsanwaltschaft durchgeführt, eine Ladung des Beschuldigten ist entbehrlich, wenn dieser zur Verhandlung erscheint, ansonsten beträgt die Ladungsfrist 24 Stunden. Die Anklage braucht erst in der Hauptverhandlung verlesen zu werden. Die Beweisaufnahme ist vereinfacht, Beweisanträge können ohne Beschränkung der Ablehnungsgründe abgelehnt werden, § 420 StPO.
Schweinfurter Verfahren
Am Sonntag, den 26.12.2021, soll es im Rahmen von Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen in Schweinfurt zu Straftaten gekommen sein, die Verdächtigen wurden bereits am Folgetag verurteilt. Dieses ist im beschleunigten Verfahren möglich.
Problematisch hieran ist, dass Polizei und Staatsanwaltschaft einen zeitlichen Beweismittelvorsprung hatten. Die entsprechenden Polizisten können als Zeugen aussagen oder es werden ihre Aussagen verlesen. Für die Beschuldigten bestand praktisch keine Chance, Entlastungsbeweise zu erlangen, wenn nicht beispielsweise Zeugen unmittelbar danebenstanden und am Montag zur Verhandlung erscheinen konnten. Ein Aufruf beispielsweise in den sozialen Medien wäre sicherlich nicht erfolgreich gewesen, die Zeit war zu knapp, um ggf. Videos zu sichten und auf Relevanz zu prüfen. Auch hätten sicherlich Zeugen nicht ohne Weiteres am nächsten (Arbeits-)tag zu einer Verhandlung erscheinen können, zumal der Zeitpunkt vom Gericht erst am Montag festgelegt worden sein wird.
Insbesondere bei Auseinandersetzungen mit Polizeibeamten wird aber immer die Vorgeschichte zu erläutern sein, es erscheint unwahrscheinlich, dass ein Beamter zugibt, seine vorhergehende Maßnahme sei rechtswidrig gewesen.
Weitere Vorgehensweise
Gegen ein entsprechendes Urteil kann man Berufung oder Revision einlegen. Die Frist für die Einlegung eines Rechtsmittels beträgt 1 Woche.
Anschließend erfolgt in der Berufung eine vollständige Beweisaufnahme, nunmehr können also auch Beweisanträge gestellt werden. Hierfür ist dann genug Zeit vorhanden, erfahrungsgemäß dauert es einige Zeit, bis verhandelt wird.
Ich rate dringend zur Beauftragung eines Anwalts, der erhält u.a. auch vollständige Akteneinsicht und kann die Beweisanträge rechtssicher formulieren.