Die Bemessung der Rechtsfolgen steht grundsätzlich dem Tatrichter zu. In der Rechtsbeschwerde wird lediglich überprüft, ob in der 1. Instanz von zutreffenden Erwägungen ausgegangen wurde und das Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt worden ist. Wenn ein Regelfahrverbot als Rechtsfolge vorgesehen ist, kann grundsätzlich von einer groben Pflichtverletzung ausgegangen werden, das Fahrverbot dient dann als Denkzettel und als Besinnungsmaßnahme. Bei einem Rotlichtverstoß ist davon auszugehen, wenn bereits mehr als 1 Sekunde Rotlicht angezeigt worden ist. In diesen Fällen soll grundsätzlich ein Fahrverbot ausgesprochen werden, auch aus Gründen der Gleichbehandlung.
Der Richter muss allerdings trotzdem eine Gesamtwürdigung unter Abwägung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls in objektiver und subjektiver Hinsicht vornehmen. Weicht das Tatbild danach vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle deutlich ab, kann ein Fahrverbot unangemessen sein.
Hierzu gehört unter anderem ein sogenanntes Augenblicksversagen, dies ist allerdings abzugrenzen von reiner Nachlässigkeit. Auch kann es entscheidungserheblich sein, ob in der konkreten Situation eine äußerst geringe Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer bestanden hat. Im hier entschiedenen Fall befuhr der Betroffene erst dann den gesicherten Bereich, nachdem er zuvor angehalten hatte und alle Fußgänger passieren ließ. Anschließend war die Fußgängerampel wieder auf rot umgesprungen. Hinzu kommt, dass die Fahrgeschwindigkeit äußerst gering war. Diese Umstände hätten in die Abwägung, ob ein Fahrverbot noch erforderlich ist mit einfließen müssen. Das Rechtsbeschwerdegericht hat dann die Verurteilung aufrecht erhalten, allerdings das Fahrverbot entfallen lassen.
KG Berlin, 3 Ws (B) 140/21
Dann noch ein prozessrechtlicher Hinweis, dass eine isolierte Anfechtung ausschließlich eines Fahrverbots unwirksam ist. Fahrverbot und Geldbuße stehen nämlich in einem wechselseitigen Wirkungsverhältnis. Hier hatte der Betroffene trotzdem Glück, auch wenn die Rechtsbeschwerde verworfen wurde, entschied das Gericht, dass das Fahrverbot entfällt.