Auch wenn einzelne Regelungen eines Ehevertrages singulär betrachtet noch keine Sittenwidrigkeit begründen können, so ist doch eine Gesamtschau vorzunehmen. Schließen die Parteien nach der Eheschließung einen Ehevertrag, in dem wechselseitig auf Zugewinn, Versorgungsausgleich sowie jedwede Unterhaltsansprüche (mit Ausnahme des Kindesbetreuungsunterhalts) verzichtet wird, kann eine Gesamtschau ergeben, dass eine Sittenwidrigkeit vorliegt.
Im entschiedenen Fall kam für die Ehefrau erschwerend hinzu, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages das gemeinsame Kind gerade geboren war. Auch kam erschwerend hinzu, dass die Ehefrau bei Vertragsabschluss in ihrer Verhandlungsposition deutlich unterlegen gewesen ist. Sie war nicht in die Vertragsverhandlungen mit eingebunden, ihr wurde kein Vertragsentwurf vor dem Notartermin zur Verfügung gestellt. Auch war das noch nicht einmal einen Monat alte Kind bei der Beurkundung dabei, was den Schluss nahelegt, dass die Ehefrau den Notartermin möglichst schnell hinter sich bringen wollte.
Der BGH stellt klar, dass der Zugewinnausgleich vom Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts nicht umfasst ist, insoweit einer ehevertraglichen Gestaltung am weitesten zugänglich sein wird. Vom Kernbereich hingegen umfasst sind Altersunterhalt (§ 1571 BGB) sowie Unterhalt wegen Krankheit (§ 1572 BGB). Im entschiedenen Fall wurde der Versorgungsausgleich geprüft, da die Ehefrau höhere Versorgungsanwartschaften als der Ehemann erworben hatte, war dies unproblematisch. Allerdings hatte der Ehemann seiner Altersversorgung auch nahezu ausschließlich auf privater Vermögensbildung aufgebaut, hieran konnte die Ehefrau aufgrund des Ausschlusses des Zugewinns nicht partizipieren. Eine Kompensation wurde nicht vereinbart.
Insgesamt kam der BGH zu dem Ergebnis, dass der Ehevertrag erkennbar einseitig auf die Benachteiligung der Ehefrau abzielen sollte.
BGH, XII ZB 109/16