Grundsätzlich muss gem. § 10 StVO derjenige, der von einem Parkstreifen auf die Straße einfahren will, sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Hierbei handelt es sich um eine qualifizierte Sorgfaltsanforderung, bei einem Verstoß begründet dies in der Regel den Anscheinsbeweis für ein Alleinverschulden an einem Unfall.
Im vorliegenden Fall kam es nach der Auffahrt auf die Fahrbahn der Vorfahrtsstraße im Bereich einer Kreuzung zu einem Zusammenstoß mit dem Fahrzeug, das dabei war, aus der Einmündung heraus in die Vorfahrtstraße einzubiegen, auf die das Fahrzeug eingefahren war, das vom Parkstreifen losgefahren ist. Ein Sachverständiger stellte fest, dass der vom Parkstreifen losfahrende Fahrer 1,5-3,8 Sekunden vor dem Fahrzeug losgefahren sei, mit dem er später im Kreuzungsbereich kollidierte. Insoweit lässt sich kein Anscheinsbeweis begründen, da der andere Fahrer grundsätzlich Vorfahrt zu gewähren hätte. Allerdings hat der anfahrende Fahrer gegen die allgemeine Sorgfaltspflicht aus § 1 Abs.II StVO verstoßen, da es in einer derartigen Situation nahegelegen hätte, dass der Wartepflichtige möglicherweise das erst kurz zuvor anfahrende Fahrzeug übersieht. Insoweit kam es doch zu einer Mithaftung in Höhe von 30 %.
LG Saarbrücken, 13 S 4/17