Wenn die Polizei Kenntnis von einer Straftat hat und aus ermittlungstaktischen Erwägungen heraus keine strafprozessuale Durchsuchung eines Autos durchführen will, dürfen die Erkenntnisse einer zollrechtlich zulässigen Durchsuchung auch im Strafverfahren verwertet werden. Im entschiedenen Fall war der Angeklagte Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren, dass die Staatsanwaltschaft gegen eine international agierende Rauschgiftbande führte. Aufgrund gewonnener Informationen aus einer Telekommunikationsüberwachung ging die Ermittlungsgruppe davon aus, dass der Angeklagte Rauschgift in erheblichem Umfang in seinem Fahrzeug transportieren würde. Aus diesem Grund wurde eine zollrechtliche Kontrolle § 10 Abs.III ZollVG angeordnet, wobei dem anordnenden Beamten bewusst war, dass für eine strafprozessuale Durchsuchung des Fahrzeugs grundsätzlich ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss einzuholen sei. Insoweit hätte der Angeklagte dann auch Kenntnis über die Hintergrundermittlungen erhalten, was durch die zollrechtliche Kontrolle vermieden werden sollte.
Während das Landgericht noch ein Beweisverwertungsverbot angenommen hatte, da die von den Zollbeamten durchgeführte Fahrzeugdurchsuchung mangels richterlichen Durchsuchungsbeschlusses rechtswidrig gewesen ist, vertritt der BGH eine andere Meinung. Die Erwägung des Landgerichts, dass bei bestehendem Anfangsverdacht einer Straftat eine Kontrolle und Durchsuchung des Angeklagten nur aufgrund strafprozessrechtlicher Befugnisnormen möglich sei (auch wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der zollamtlichen Überwachung vorgelegen haben), teilt der BGH nicht. Es steht der zollrechtlichen Rechtmäßigkeit der Kontrolle und Durchsuchung nicht entgegen, dass bereits ein Anfangsverdacht einer Straftat gegen den Fahrer vorlag, der auch eine Durchsuchung nach den Vorschriften der StPO ermöglicht hätte. Insoweit besteht kein Vorrang strafprozessuale Vorschriften gegenüber dem zollrechtlichen Gefahrenabwehrsrecht, diese stehen vielmehr als staatliche Aufgaben mit unterschiedlicher Zielrichtung gleichberechtigt nebeneinander. Es sei aber auch davon auszugehen, dass ein Ermittlungsrichter aufgrund der Schwere des Verdachts einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss erlassen hätte.
Abschließend weist der BGH darauf hin, dass ein Rückgriff auf hypothetische Erwägungen bezüglich einer rechtsmissbräuchlichen Umgehung der Anordnungsvoraussetzungen des Durchsuchungsbeschlusses durch einen Ermittlungsrichter vorliegend keinen Bestand haben kann. Der anordnende Beamte wollte zwar das laufende Ermittlungsverfahren durch die Anordnung der zollrechtlichen Durchsuchung nicht gegenüber dem Angeklagten preisgeben. Aus Sicht der ausführenden Zollbeamten vor Ort sollte die Durchsuchung aber lediglich verhindern, dass Betäubungsmittel in das Bundesgebiet eingeführt und in Umlauf gebracht werden.
BGH, 2 StR 128/17