Dem Angeklagten wird vorgeworfen, bei einer Wohnungsdurchsuchung eine Polizeibeamtin beleidigt und einen Polizeibeamten verletzt zu haben. Die beiden geschädigten Polizeibeamten sind anwaltlich vertretene Nebenkläger. Mindestens 5 Zeugen (alles Polizeibeamte) sollen vernommen werden. Das Gericht geht davon aus, dass diese im Lager der Nebenkläger stehen dürften. Insbesondere bei deren Vernehmungen gilt es, Widersprüche in den Zeugenangaben herauszuarbeiten. Es liegt ein Fall der notwendigen Pflichtverteidigung vor.
Das Gericht weist darauf hin, dass dem Angeklagten inzwischen ein umfassendes Akteneinsichtsrecht zusteht. Trotzdem wurde ihm ein Pflichtverteidiger beigeordnet, insbesondere da ansonsten das Gericht aufgrund seiner Fürsorgepflicht zu erheblichen Hinweisen gehalten wäre. Hiergegen stünden den anwaltlichen vertretenen der Nebenklägern Verfahrensrechte (beispielsweise Ablehnungsgesuch) zu. Dies kann durch die Bestellung eines Pflichtverteidigers verhindert werden.
LG München I, 28 Qs 5/19
Es wird auch darauf hingewiesen, dass grundsätzlich die dem anwaltlich vertretene Nebenkläger gegebene Verfahrensmacht regelmäßig bereits für sich die Annahme eines die Beiordnung erfordernden strukturellen Verteidigungsdefizits begründet, es sei denn, die Sachlage ist ausnahmsweise rechtlich und tatsächlich ganz besonders einfach gelagert (unter Verweis auf OLG Hamburg, 1 Ws 160/15).