Wenn an einer Kreuzung für verschiedene Fahrtrichtungen verschiedene Ampeln gegeben sind, führt eine Verwechslung der jeweiligen Ampeln nicht dazu, dass von einem Fahrverbot abgesehen werden kann. Vielmehr liegt ein Fall grober Nachlässigkeit vor, wenn die Ampeln nicht sorgfältig beobachtet werden.
Liegen die Voraussetzungen eines Regelfahrverbots vor, kann hiervon wegen Wegfalls des Erfolgs- oder Handlungsunrechts nur abgesehen werden, wenn entweder besondere Ausnahmeumstände in der Tat (beispielsweise Ausschluss einer Gefahrenlage) oder in der Persönlichkeit des Betroffenen (Augenblicksversagen) vorliegen. Hiervon kann nicht ausgegangen werden. Für die Geradeaus-Spuren zeigten drei Ampeln Rotlicht, es gab lediglich eine Ampel für die Linksabbiegerspur. Es liegt also keine einfache Fahrlässigkeit vor, sondern grobe Nachlässigkeit. Sind mehrere Spuren mit jeweiligen Wechsellichtzeichen vorhanden, ist ein Kraftfahrer zu erhöhter Vorsicht und Aufmerksamkeit verpflichtet. Somit kann ein Augenblicksversagen nicht vorliegen, da kein unübersichtliches Verkehrsgeschehen falsch gedeutet oder eine verwirrende Verkehrsregelung falsch verstanden wurde. Auch hat die Betroffene nicht auf eine überraschend eingetretene Verkehrslage falsch reagiert oder ein Verkehrszeichen schlicht übersehen.
Das Gericht weist noch darauf hin, dass Fälle von dieser Entscheidung nicht erfasst sind, bei denen unmittelbar nach dem Überfahren der Haltelinie angehalten wird.
Auch wurde über den sogenannten Mitzieheffekt (das benachbarte Fahrzeug fährt los, der Betroffene fährt deshalb mit) nicht entschieden.
Soweit die Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte entgegensteht, war nicht nach § 121 GVG an den BGH vorzulegen, da sich entgegenstehende Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte nicht auf eine Rechtsfrage, sondern auf eine Tatfrage bezieht. Der Tatrichter hat seiner Bewertung nämlich alle Umstände des Einzelfalls zugrunde zu legen.
OLG Karlsruhe, 2 Rb Ss 830/18