Die Ausnahmevorschrift des § 305 S.1 StPO greift nicht ein, wenn ein Rechtsmittel gegen ein zukünftiges Urteil nicht eröffnet ist oder gegebenenfalls eine Überprüfung der ablehnenden Entscheidung nicht stattfindet (Zulassung der Rechtsbeschwerde). Hier war ein Antrag auf Beiziehung weiterer Unterlagen nach § 62 OWiG ablehnend beschieden worden, gegen diese Entscheidung ist die Beschwerde möglich.
Im Bußgeldverfahren kann der Betroffene wegen der zu garantierenden „Parität des Wissens“ bzw. der „Waffengleichheit“ verlangen, Einsicht in sämtliche existenten, zur Überprüfung der Messung erforderlichen Messunterlagen zu nehmen, und zwar auch, soweit sich diese nicht in den Gerichtsakten, sondern in den Händen der Verwaltungsbehörde befinden.
Ein solcher Anspruch besteht auch beim standardisierten Messverfahren, bei dem es der Betroffene ist, der Zweifel detailliert darlegen muss. Dazu weist das Gericht auch darauf hin, dass es keinen Erfahrungssatz gibt, dass ein standardisiertes Messverfahren unter allen Umständen zuverlässige Ergebnisse liefert (u.a. BGH, 4 StR 627/92). Auch weist das Gericht darauf hin, dass ohne umfassende Kenntnis der zur Überprüfung erforderlichen Unterlagen und Informationen, die den Verfolgungsbehörden zur Verfügung stehen, der Betroffene seine Verteidigung wieder vorbereiten noch verlässlich beurteilen kann, inwiefern zweckmäßigerweise Beweisanträge gestellt oder Beweismittel vorgelegt werden sollen. Das Informations- und Einsichtsrecht des Betroffenen kann daher deutlich weitergehen als die Amtsaufklärung des Gerichts.
LG Köln, 323 Qs 106/19