Auch hier hatte das Amtsgericht wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt und einen Antrag der Verteidigung auf Aussetzung zur Einsichtnahme in nicht bei den Akten befindliche amtliche Messunterlagen abgelehnt. Das OLG erkennt hierin die Beschränkung der Verteidigung, der Antrag auf Einsicht in die Informationen wurde gegenüber der Behörde gestellt, anschließend erging auch der Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Dass die Behörde diesen Antrag nicht an das Gericht weitergeleitet hat, geht nicht zulasten des Betroffenen.
Der Betroffene hat ein Recht auf Einsicht in die nicht bei den Akten befindlichen amtlichen Messunterlagen, die er für die Prüfung des Tatvorwurfs benötigt. Aus dem Rechtsstaatprinzip und dem allgemeinen Freiheitsrecht sowie aus dem Gebot des fairen Verfahrens ergibt sich dieser Anspruch. Schon im Vorfeld der Hauptverhandlung besteht ein über das Recht auf Akteneinsicht hinausgehender Anspruch des Betroffenen auf Einsicht in die bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen, auch wenn diese sich nicht bei den Gerichtsakten befinden. Dies gilt unabhängig davon, ob schon konkrete Anhaltspunkte für Messfehler vorliegen. Allerdings muss für eine erfolgreiche Rechtsbeschwerde ein entsprechender Antrag auch in der Hauptverhandlung beim Amtsgericht gestellt werden.
Das Gericht weist dann noch darauf hin, dass die Nichtspeicherung von Rohmessdaten nicht zu einem Beweisverwertungsverbot führt. Bei dem Traffistar S 350 handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren.
Da das Gericht den Aussetzungsantrag durch Beschluss zurückgewiesen hat, musste auch kein Zwischenrechtsbehelf nach § 238 II StPO gestellt werden, dies wäre nur für die Verfahrensrüge notwendig gewesen, wenn der Aussetzungsantrag lediglich verfahrensleitend abgelehnt worden wäre.
OLG Dresden, 23 SsBs 709/19