In diesem Fall hatte sich der Verteidiger bereits inhaltlich mit dem Tatvorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung konkret auseinandergesetzt. Einen Tag vor dem Termin zur Hauptverhandlung bat der Verteidiger um eine möglichst weiträumige Verlegung, da er mit einer plötzlich und unvorhersehbar aufgetretenen Krankheit konfrontiert sei, sein Arzt habe ihm geraten, alle beruflichen Termine abzusagen. Ein Vertreter hat sich so kurzfristig nicht realisieren lassen. Erschwerend kam noch hinzu, dass der Betroffene nur eingeschränkte Deutschkenntnisse hatte.
Am Tag der Hauptverhandlung erschien der Verteidiger nicht, ebenso wenig der Betroffene. Der Einspruch wurde verworfen, da durch den Verlegungsantrag das Ausbleiben des Betroffenen nicht entschuldigt wäre. Auch meinte das Amtsgericht, einem so kurzfristigen Verlegungsantrag nicht folgen zu müssen.
Zu Unrecht.
Der Betroffene musste nicht ohne seinen Verteidiger in der Hauptverhandlung teilnehmen. Es entspricht seinem Anspruch auf ein faires Verfahren, sich durch einen gewählten Verteidiger vertreten zu lassen (Art. 6 EMRK). Demgegenüber steht natürlich das Interesse, die Auslastung der Gerichte nicht ausufern zu lassen und eine zügige Verfahrensdurchführung zu gewährleisten. Eine entsprechende Abwägung hätte in den Urteilsgründen stattfinden müssen.
Und der Hinweis des Gerichts, es läge kein Fall einer notwendigen Verteidigung vor, zeigt eindeutig, dass das Gericht der prozessualen Fürsorgepflicht nicht genügt hat. Der Betroffene wollte sich gegen den Vorwurf wehren, dazu drohte ihm ein einmonatiges Fahrverbot. Hinzu kommt, dass dies der erste Verlegungsantrag der Verteidigung war, der dazu noch mit einem plötzlichen und unvorhersehbaren gesundheitlichen Ereignis beim Verteidiger verbunden war. Auch erscheint es nachvollziehbar, dass kein Vertreter für den Termin am folgenden Tag gefunden werden könnte.
Da anschließend ein anderer Verteidiger die Vertretung übernommen hatte, gab es keine Zweifel an der Richtigkeit des Vorbringens. Der Rechtsbeschwerde wurde stattgegeben, die Zurückweisung aufgehoben. Es wird erneut verhandelt.
KG Berlin, 3 Ws (B) 26/21.