Grundsätzlich gilt ein Anscheinsbeweis, dass bei einem Vorfahrtsverstoß derjenige für den Unfall alleine verantwortlich ist, der die Vorfahrt missachtet. Dieser Anscheinsbeweis ist erst dann erschüttert, wenn eine Geschwindigkeit des Vorfahrtsberechtigten festgestellt wird, bei der zumindest die Möglichkeit besteht, dass er für den Unfalgegner, der Vorfahrt gewähren muss, zum Zeitpunkt des Anfahrens nicht erkennbar war. Dieser Nachweis muss als Vollbeweis durch den Wartepflichtigen geführt werden.
Gelingt dieser Beweis nicht, verbleibt es beim Anscheinsbeweis und der alleinigen Haftung.
LG Saarbrücken, 13 S 181/19
Hier kam es zu einem Unfall hinter einer Kuppe. Derjenige, der Vorfahrt gewähren musste, führte aus, dass er den Motorradfahrer aufgrund der Straßenführung nicht erkennen konnte, als er angefahren ist. Der Motorradfahrer führte aus, dass er noch nicht einmal die erlaubte Höchstgeschwindigkeit gefahren sei. Die Beweisführung gelang dem Beklagten nicht, er muss dem Motorradfahrer, der vorfahrtsberechtigt war, vollständig Schadensersatz leisten.