Mit 1,29 Promille auf dem E-Scooter unterwegs. In dieser Entscheidung wurde offen gelassen, ob die Grenze die Entziehung der Fahrerlaubnis wie bei Kraftfahrzeugen bei 1,1 Promille oder bei 1,6 Promille (bei Fahrrädern) liegt. Denn selbst wenn von dem geringeren Grenzwert (der hier überschritten wurde) auszugehen wäre, käme doch höchstwahrscheinlich ein Absehen von der Regelung des § 69 II StGB in Betracht. Entgegen dieser Regelvermutung (Trunkenheitsfahrt nach § 69 StGB) kann nämlich Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die den seiner allgemeinen Natur nach schweren gefährlichen Verstoß günstiger erscheinen lassen, als dies bei einem Regelfall der Fall ist. Ein solcher Umstand ist unter anderem in der Tatsache zu sehen, dass sich das abstrakte Gefährdungspotenzial von E-Scootern erkennbar von denen anderer Kraftfahrzeuge unterscheidet. Dies ergibt sich aus Gewicht und Höchstgeschwindigkeit sowie der äußeren Beschaffenheit. Die Gefährlichkeit ist also wahrscheinlich nur mit einem Fahrrad gleichzusetzen.
Somit ist bei einer Trunkenheitsfahrt auf einem E-Scooter auch zu berücksichtigen, dass eine gemäß § 316 StGB möglicherweise strafbare Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad auch gerade nicht die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB nach sich zieht. Es könnten also Wertungswidersprüche entstehen, wenn dies bei einem Scooter anders wäre.
Eine erhöhte Gefährdungslage durch die Nutzung des Scooters unter Alkoholeinfluss konnte das Gericht nicht erkennen. Er fuhr auf einer relativ kurzen Strecke von 15 m leichte Schlangenlinien. Weitere Ausfallerscheinungen waren nicht ersichtlich.
Insoweit geht das Gericht davon aus, dass die Regelvermutung für die Entziehung der Fahrerlaubnis als widerlegt anzusehen sei, so dass die Voraussetzungen einer solchen Entziehung eben nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben sind.
Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Amtsgericht nach § 111a StPO wurde aufgehoben.
LG Halle, 3 Qs 81/20