Wen schützt das Rechtsfahrgebot?

Grundsätzlich sollen Fahrzeuge möglichst weit rechts fahren. Doch was passiert, wenn jemand grundlos zu weit links auf einer Vorfahrtsstraße fährt und jemand unter Missachtung des Vorfahrtsrechts auf die Straße einbiegt und es zu einem Unfall kommt? Dann haftet regelmäßig derjenige, der den Vorfahrtsverstoß begeht, zu 100 %. Dies gilt auch, wenn der Fahrer des Fahrzeugs auf der Vorfahrtsstraße ganz links gefahren ist.

Die Verletzung des Vorfahrtsrechts indiziert das Verschulden des Fahrers. Etwas anderes kann nur bei besonderen Verkehrslagen gelten. Und eine solche ist bei einer Verletzung des Rechtsfahrgebots nicht gegeben. Hier kann sich der Fahrer auf den Vertrauensgrundsatz berufen, dass sein Vorfahrtsrecht beachtet wird. Er muss nicht befürchten, dass ein Vorfahrtsverstoß vorkommen wird. Dieses Recht, sich auf diesen Vertrauensgrundsatz zu berufen, verliert der Fahrer auch nicht, wenn er pflichtwidrig zu weit links fährt.

Das Rechtsfahrgebot soll lediglich sicherstellen, dass Fahrzeuge sich gefahrlos begegnen und überholen können. Es dient also dem Schutz der Verkehrsteilnehmer, die sich auf derselben Straße fortbewegen. Nicht geschützt sind Verkehrsteilnehmer, die diese Straße überqueren oder in sie einbiegen wollen.

Der Vertrauensgrundsatz gilt erst dann nicht mehr, wenn der Fahrer auf der Vorfahrtsstraße aus besonderen Umständen erkennt oder erkennen muss, dass ihm der Wartepflichtige die Vorfahrt nicht einräumen wird. Er muss damit allerdings so lange nicht rechnen, wie der Wartepflichtige noch die Möglichkeit hat, sein Fahrzeug rechtzeitig abzubremsen, um die Vorfahrt zu gewähren.

BGH, VI ZR 282/10

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