Häufig liest man, das Voreintragungen in Flensburg herangezogen werden, um die Geldbuße zu erhöhen oder aber ein längeres Fahrverbot auszusprechen. Auch können Voreintragungen herangezogen werden, um bei Fahrverboten die verlängerte Abgabefrist nach § 25 Abs. IIa StVG (spätestens vier Monate nach Rechtskraft) auszuschließen. Hierbei sind aber einige Punkte zu beachten, wenn die Voreintragungen längere Zeit zurückliegen:
1. Die Tilgungsfristen der verschiedenen Eintragungen ergeben sich aus § 29 StVG, sie beträgt bei Ordnungswidrigkeiten z.B. zwei Jahre, dann tritt die sog. „Tilgungsreife“ ein.
2. Eine Ablaufhemmung der Tilgungsfrist tritt nach § 29 Abs.VI S.2 StVG nur ein, wenn ein neuer Verstoß innerhalb der Tilgungsfrist begangen wird und innerhalb der sog. „Überliegefrist“ von einem Jahr nach Eintritt der Tilgungsreife (§ 29 Abs.VII StVG) zu einer erneuten Eintragung in Flensburg geführt hat.
3.Endgültig getilgt werden Eintragungen nach Ablauf der Tilgungsfrist zzgl. der Überliegefrist, bei Ordnungswidrigkeiten also 2+1, mithin 3 Jahre nach Rechtskraft der Entscheidung (bei Strafsachen abweichender Fristbeginn).
4. Sobald Tilgungsreife (s. 1.) eingetreten ist, dürfen Voreintragungen nicht mehr zu Lasten des Betroffenen verwendet werden (§29 Abs. VIII StVG).
Wichtiger Hinweis:
Die zu beurteilende Tat löst keine Ablaufhemmung aus, sofern sie noch nicht zu einer Eintragung geführt hat. Und die Eintragung erfolgt gem. § 28 Abs.III Nr.2 StVG erst mit der Rechtskraft der Entscheidung.
Im vorliegenden Fall wurde eine erneute Ordnungswidrigkeit vor Ablauf der Tilgungsfrist begangen. Während das gerichtliche Verfahren noch lief, trat Tilgungsreife ein, die Tilgungsfrist der Voreintragungen war abgelaufen. Das Amtsgericht verwertete die Voreintragungen trotzdem straferhöhend. Dies war unzulässig, da zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (der Tatsacheninstanz, also Amtsgericht) bereits Tilgungsreife eingetreten war. Die neue Tat führte eben noch nicht zu einer Ablaufhemmung der Tilgungsfrist, da die gerichtliche Entscheidung noch nicht rechtskräftig war und deshalb noch nicht in Flensburg eingetragen worden ist.
OLG Celle, 311 SsBs 183/13
Bei dieser Problematik unterlaufen auch Juristen immer wieder Fehler, wie die amtsgerichtliche Entscheidung in diesem Fall zeigt. Es lohnt sich also auf jeden Fall, einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Anwalt zu beauftragen. Hier konnte eine Verkürzung des Fahrverbots von drei auf einen Monat erzielt werden, der Mandant darf den Führerschein innerhalb von vier Monaten ab Rechtskraft abgeben und muss dies nicht sofort tun.
Gleichlautende Entscheidungen z.B.
– OLG Stuttgart, 4 Ss 1584/09
– OLG Frankfurt, 2 Ss-OWi 552/09
– OLG Bamberg, 2 Ss OWi 1575/09
PS
Nach Eintragung dieser Entscheidung (innerhalb der sog. Überliegefrist) ist jetzt doch Ablaufhemmung bzgl. der Tilgungsfrist eingetreten, die Frist beginnt erneut von vorne. Aber eben erst jetzt. Bei einer erneuten Tat könnten die Voreintragungen derzeit verwertet werden.