Nach den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung obliegt es dem Fahrzeugführer, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadensereignisses dienen könnte. Insbesondere darf er den Unfallort nicht verlassen, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen. Tut er dies dennoch liegt eine vorsätzliche Verletzung dieser Obliegenheit vor, es kann die Versicherung leistungsfrei werden.
Im vorliegenden Fall verblieb der Fahrzeugführer eine angemessene Zeit am Unfallort. Anschließend fuhr er nach Hause. Dies war in strafrechtlicher Hinsicht angemessen, eine Unfallflucht lag bisher nicht vor. Allerdings hat er nachträglich nicht unverzüglich dem Geschädigten die Feststellungen ermöglicht. Diese nachträgliche Mitteilung muss unverzüglich erfolgen. Der Unfall geschah am Wochenende morgens, der Fahrer hätte also entweder den Geschädigten oder die Polizei bis in die frühen Vormittagsstunden informieren können und müssen. Dies tat er nicht, die Polizei ermittelte ihn als Unfallverursacher erst mittags und traf ihn dann auf dem Gelände einer Werkstatt an, zu dem das Unfallfahrzeug abgeschleppt worden war. Das Gericht geht davon aus, dass dem Fahrer bewusst gewesen ist, dass er – nachdem eine angemessene Zeit am Unfallort gewartet hatte – unverzüglich den Geschädigten oder die Polizei informieren musste. Indem dies nicht tat, nahm er eine Verletzung dieser Pflicht zumindest billigend in Kauf (Eventualvorsatz). Das Gericht weist darauf hin, dass diese Pflicht unter Verkehrsteilnehmern allgemein bekannt ist.
Aber auch die Versicherung hat der Fahrer nicht unverzüglich von dem Unfall unterrichtet. Hätte er dies getan, hätte er seine Aufklärungsobliegenheit genüge getan, da die Interessen der Versicherung durch eine entsprechende kurzfristige Mitteilung mindestens ebenso gut gewahrt worden wären wie durch eine Benachrichtigung des Geschädigten oder der Polizei. Auch seine Versicherung informierte der Fahrer aber erst mittags und somit nicht unverzüglich im Sinne seiner Pflicht.
Im Verfahren hat der Fahrer dann auch noch den möglichen Kausalitätsgegenbeweis, der der Leistungsfreiheit der Versicherungen entgegenstehen könnte, nicht erbracht. Allerdings weist das Gericht auch darauf hin, dass der gesamte Geschehensablauf (verspätete Meldung des Unfalls bei der Versicherung) ein arglistiges Verhalten des Fahrers nahelegt. Es liegt auf der Hand, dass durch die verspätete Mitteilung insbesondere Feststellungen zu einer etwaigen Alkoholisierung des Fahrers jedenfalls deutlich erschwert oder sogar komplett vereitelt werden. Für dieses arglistige Verhalten spricht im vorliegenden Fall insbesondere auch, dass die Polizeibeamten noch mittags beim Fahrer einen leichten Alkoholgeruch festgestellt haben und der Fahrer einen Alkoholtest abgelehnt hat.
OLG Dresden, 6 U 1480/17
Nach § 6 Abs KfzPflVV beträgt die Leistungsfreiheit der Versicherung gegenüber dem Versicherungsnehmer bei einer derartigen nachträglichen Obliegenheitsverletzung, die vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen wird, bis zu 2500 €. Die Versicherung bleibt aber zur Leistung verpflichtet, wenn diese Obliegenheitsverletzung keinen Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalles oder den Umfang der Leistung hat. Bei besonders schwerwiegender vorsätzlich begangener Verletzung der Aufklärungs- oder Schadensminderungspflichten erhöht sich der Betrag der Leistungsfreiheit auf höchstens 5000 €. Aber aufpassen: Fallen mehrere Obliegenheitspflichten zusammen, werden die jeweiligen Beträge zusammengezählt.