Bisher war es schwierig, bei Verurteilungen bis zu einer Geldbuße von 100 € einen Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen ein negatives Urteil des Amtsgerichts durchzubekommen. Denn in diesem Fall wird die Rechtsbeschwerde nur zugelassen, wenn eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gegeben war oder die Zulassung zur Fortbildung des Rechts notwendig ist. Dies wurde bisher meistens abgelehnt, wenn lediglich Einsicht in Unterlagen über die Messung gefordert wurde.
In einem Verfahren vor dem OLG Zweibrücken ging es unter anderem um die digitalen Datensätze der gesamten Messreihe, Statistikdatei, Case-List, die Unterlagen nach § 31 MessEG, die Richtlinien zur Prüfung des Gerätes, das Protokoll der ersten Inbetriebnahme, Fotos von der Messstelle, Konformitätsbescheinigung und Konformitätserklärung zum Gerät, den Beschilderungsplan, die entsprechende Anzeige bei der zuständigen Landesbehörde sowie die Anleitung für den Einsatz des Gerätes in einem sogenannten Trailer.
Die Verteidigung hat sich hierum in allen Verfahrensstadium bemüht, diese Informationen / Unterlagen aber nicht erhalten. Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen zu einer Geldbuße von 100 €.
Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen, die Rüge der Verletzung des fairen Verfahrens war erfolgreich. Das Amtsgericht hätte dem Antrag der Verteidigung auf Einsichtnahme in die geforderten Unterlagen (vorliegend die Gebrauchsanweisung für die Nutzung im Anhänger) stattgeben müssen. Bei einem standardisierten Messverfahren obliegt es der Verteidigung, Zweifel an der Messung vorzubringen. Hierzu steht der Verteidigung Einsicht in sämtliche Unterlagen zu, die die Verteidigung für die Prüfung des Vorwurfs benötigt.
Hierzu gehören auch alle Informationen, die sich nicht bei der gerichtlichen Ermittlungsakte befinden.
Das Urteil wurde aufgehoben und zurückverwiesen.
OLG Zweibrücken, 1 OWi 2 SsRs 108/20