Fährt ein Fahrzeugführer in eine Vorfahrtstraße ein und kommt es anschließend zu einem Auffahrunfall, ist es für die Einordnung als Auffahrunfall oder Vorfahrtsverletzung erheblich, ob der einbiegende Fahrer zum Zeitpunkt der Kollision bereits das allgemeine Geschwindigkeitsniveau der Vorfahrtstraße erreicht hatte. Nach dieser Einordnung wird anschließend die Haftungsverteilung vorgenommen.
OLG München, 10 U 3161/15
Im entschiedenen Fall fuhr der einbiegende Fahrer ca. 50 m hinter der Einbiegung mit etwa 50 km/h. Erlaubt waren an dieser Stelle 100 km/h, das Gericht hatte aber festgestellt, dass die maximal erlaubte Höchstgeschwindigkeit an der Unfallstelle nicht das übliche Geschwindigkeitsniveau prägen würde. Bereits einige 100 m später wird die Höchstgeschwindigkeit auf 70 km/h reduziert, am Unfallort befindet sich auf der rechten Straßenseite ein Gewerbegebiet mit mehreren Geschäften sowie einem Sportverein. Regelmäßig wird daher an der Unfallstelle eine Geschwindigkeit von rund 50 km/h gefahren, insoweit lag hier ein Auffahrunfall vor, der Auffahrende haftete voll.