In diesem Verfahren wurde zunächst ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Halter eingeleitet. In dem Anhörungsbogen wurde er darauf hingewiesen, dass er für den Fall, dass er die Tat nicht begangen hat, als Zeuge angehört wird. Zur Auskunftserteilung über den Fahrer sei er allerdings nicht verpflichtet.
In dem Ordnungswidrigkeitenverfahren antwortete der Betroffene nicht auf den Anhörungsbogen. Im anschließenden Gerichtsverfahren wurde ein Gutachten eingeholt, es konnte nicht sicher festgestellt werden, dass es sich bei dem Fahrer um den Betroffenen gehandelt hat, er wurde freigesprochen. 16 Monate später erfolgte eine Fahrtenbuchauflage für die Dauer von 12 Monaten. Diese wurde vom Gericht bestätigt.
Es durfte von einer nicht hinreichenden Mitwirkung des Fahrzeughalters an der Aufklärung der Verkehrsordnungswidrigkeit ausgegangen werden (§ 31 a StVZO). Dass der Betroffene im Ordnungswidrigkeitenverfahren sein ihm zustehendes Schweigerecht ausübte, kann im nachfolgenden Verwaltungsverfahren über die Fahrtenbuchauflage – unter rein gefahrenabwehrsrechtlichem Blickwinkel – als Obliegenheitsverletzung gewürdigt werden. Hierdurch ist der Umfang notwendiger Ermittlungen der Verfolgungsbehörde reduziert gewesen.
Erst wenn anhand des Messfotos sicher ausgeschlossen werden kann, dass der Halter der Fahrer gewesen ist, muss die Bußgeldbehörde einen Zeugenfragebogen mit zutreffendem Inhalt innerhalb der Verjährungsfrist versenden.
OVG Lüneburg, 12 ME 170/18
Eine – wie ich finde – problematische Entscheidung. Der Betroffene hat von dem ihm zustehenden Schweigerecht im Ordnungswidrigkeitenverfahren Gebrauch gemacht, das wird ihm jetzt negativ ausgelegt und er erhält eine Fahrtenbuchauflage. Auch wenn grundsätzlich ein Interesse daran besteht, verantwortliche Fahrzeugführer für die Begehung von Ordnungswidrigkeiten zu ermitteln, erscheint es mir problematisch, wenn negative Schlüsse aus einem verfahrensrechtlich zulässigen Verhalten gezogen werden.