Überschreitet ein schwer beladener Sattelschlepper auf einer nur 6 m breiten und kurvenreichen Straße die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 20 km/h kommt es dann zu einer Kollision mit einem entgegenkommenden Traktorgespann, tritt hinter dem schweren Verschulden des Sattelschlepperfahrers die Betriebsgefahr des Traktors vollständig zurück.
Im hier entschiedenen Fall erschrak der Führer des Traktors zunächst so sehr, als ihm der vollgeladene Sattelschlepper mit überhöhter Geschwindigkeit entgegenkam, dass er bremste und der Traktor ins Rutschen kam und sich quer stellte. Es kam zur Kollision.
Auch wenn der Traktor mit einem Gesamtgewicht (inklusive Ladung) von ca. 25 t grundsätzlich eine höhere Betriebsgefahr besitzt, tritt diese im vorliegenden Fall dennoch völlig hinter den Verkehrsverstoß des Sattelschlepperfahrers zurück. Die Geschwindigkeit ist den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den Fähigkeiten des Fahrers und den Eigenschaften des Fahrzeugs anzupassen. Auf einer nur 6 m breiten Straße hätte der Sattelschlepper bei einem unübersichtlichen kurvenreichen Straßenverlauf deutlich langsamer als die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h fahren müssen.
OLG München, 10 U 1086/20