Wenn der Betroffene ohne ausreichende Entschuldigung nicht zur Hauptverhandlung in einer Ordnungswidrigkeitenangelegenheit erscheint und auch nicht von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen entbunden war, kann das Gericht den Einspruch ohne Verhandlung zur Sache durch Urteil nach § 74 II OWiG verwerfen. So ist es im hier entschiedenen Fall geschehen.
Vorausgegangen war offenbar eine telefonische Bekanntgabe des Verhandlungstermins zwischen Gericht und Verteidigung im August. Der Betroffene flog am 19. September zu einem mehrmonatigen Studienaufenthalt in die USA, erst am 20. September ging bei ihm eine Ladung ein. Anschließend stellte die Verteidigung mehrfach Verlegungsanträge unter Hinweis auf den Studienaufenthalt, diese wurden vom Gericht immer zurückgewiesen. Da die Anwesenheit des Betroffenen (zur Fahreridentifizierung) notwendig war, wurde kein entsprechender Entbindungsantrag gestellt. Das Amtsgericht hat daraufhin den Einspruch verworfen.
Dies war fehlerhaft. Es lag eine genügende Entschuldigung für das Ausbleiben des Betroffenen vor. Unter Berücksichtigung der Umstände und der Bedeutung der Sache im konkreten Fall war es ihm nicht zumutbar, aus den USA zurückzukehren und diesen Termin wahrzunehmen. Auch wenn ein Auslandsaufenthalt nicht stets für eine Entschuldigung ausreicht, wurde hier beachtet, dass die entsprechenden Termine schon lange feststanden. Auch die Rückkehr zur Teilnahme an der Hauptverhandlung war im vorliegenden Fall unzumutbar. Der Aufwand wäre enorm gewesen und hätte außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache gestanden (Geldbuße 680 €, 1 Monat Fahrverbot). Ein Verlust von Beweismitteln drohte nicht, ebenfalls nicht Verfolgungsverjährung, da ein Termin nach der Rückkehr aus den USA noch rechtzeitig gewesen wäre.
Das Amtsgericht ist noch davon ausgegangen, dass sogenannte Schiebetermine hätten bestimmt werden müssen. Das war nicht der Fall, nach § 33 I S.1 Nr.5 OWiG i.V.m. §§ 46 I OWiG, 205 StPO hätte eine Unterbrechung der Verjährung durch eine vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Betroffenen herbeigeführt werden können.
OLG Zweibrücken, 1 OWi 2 SsBs 57/20
Es wurde noch darauf hingewiesen, dass auch dieses Verwerfungsurteils den Eintritt der Verfolgungsverjährung hindert.
Auch wenn ein Fahrverbot häufig nicht mehr in Betracht kommt, wenn seit der vorgeworfenen Tat annähernd 2 Jahre vergangen sind, dürfte diese Argumentation bei Fortführung der Verhandlung nicht mehr möglich sein.