Auch wenn ein Regelfahrverbot nach dem Bußgeldkatalog verwirkt ist, muss das Urteil erkennen lassen, dass sich der Richter der Möglichkeit bewusst war, von einem Fahrverbot gegen Erhöhung der Geldbuße abzusehen. Dies gilt auch im Bußgeldverfahren, das als Massenverfahren angesehen wird. Zumindest muss kurz dargestellt werden, dass keine Anhaltspunkte für ein Abweichen vom Regelfahrverbot gegeben sind. Dann bräuchte auch nicht erläutert zu werden, ob – unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes – der gewünschte Erfolg nicht auch durch eine Erhöhung der Geldbuße erreicht werden kann.
Im hier entschiedenen Fall teilte das Gericht lediglich mit, warum es die Regelbuße (Geldbuße) festgesetzt hat. Ausführungen dazu, weshalb daneben ein Fahrverbot angeordnet wurde, fehlten völlig.
Dies gilt sogar bei einer Überschreitung von 88%. Das Motiv des Fahrers blieb unklar, das Urteil enthält keine Ausführungen zu Beschaffenheit und Verlauf der Straße. Allein aus dem Umstand, dass es morgens war, lässt sich auch nicht auf ein gesteigertes Verkehrsaufkommen schließen, da die Fahrt in einem Gewerbegebiet stattfand. Insoweit könnte auch aufgrund der Art der Bebauung ein Augenblicksversagen nicht auszuschließen sein.
Und dann noch der Hinweis, dass bei einer Entbindung des Betroffenen das letzte Wort nicht gewährt werden muss. Dieses Recht geht nicht auf den Verteidiger über, dieser hält sein Plädoyer.
OLG Braunschweig, NZS 1 Ss (OWi) 210/20
Interessant an den Ausführungen zum Augenblicksversagen: Die Überschreitung fand innerorts statt, also nach einem Ortseingangsschild. In diesem Fall wollte das Amtsgericht kein Augenblicksversagen annehmen, da der Fahrer kein Schild übersehen haben konnte, sondern lediglich nach einem Ortseingangsschild aufgrund der Bebauung davon ausgegangen sein könnte, dass er sich bereits wieder außerorts befand. Insoweit hatte er kein Schild übersehen, sondern nur eine Fehlvorstellung. Auch dies kann also ein Augenblicksversagen begründen.