Wenn ein Betroffener unentschuldigt zur Hauptverhandlung in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren nicht erscheint, kann der Einspruch ohne Verhandlung zur Sache nach § 74 OWiG verworfen werden. Dies gilt nicht, wenn ein entsprechender Antrag auf Entbindung rechtzeitig gestellt wurde. Hier sollte um 8:40 Uhr behandelt werden. Am Vortag gegen 16:58 Uhr wurde eine Entbindungsantrag mittels elektronischen Anwaltspostfach an das Gericht übermittelt. Dabei Gericht jedoch nur ein zentrales Postfach vorliegt, wurde der Antrag erst am Folgetag ausgedruckt, aber nicht sofort an die Geschäftsstelle weitergeleitet. Die Weiterleitung erfolgte über die interne Postverteilung erst 4 Tage später.
Das Amtsgericht entschied ohne Verhandlung zur Sache. Zu Recht, die Verteidigung hätte wissen können, dass der Antrag nicht mehr rechtzeitig dem Richter vorgelegt wird. Aufgrund der Schweden Versendung konnte davon ausgegangen werden, dass der Antrag erst am nächsten Tag ausgedruckt und dann über die Hauspost mit einigen Zeitablauf verteilt wird. Hier hätten also weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit der Richter rechtzeitig von diesem Antrag vor der Verhandlungskenntnis erlangt. Die Unkenntnis des Richters wird lediglich dann relevant, wenn eine Erkundigung bei der eigenen Geschäftsstelle zu einer anderen Auskunft geführt hätte. Dies war ja aber nicht der Fall.
OLG Frankfurt, 1 Ss-OWi 1097/20