Der Drängler fuhr mehrfach dicht auf den Vordermann auf und bremste dann immer wieder ab. Offenbar wollte er den Vordermann zum Spurwechsel nötigen. Als dann beide (beim Überholen) ungefähr auf gleicher Höhe waren, lenkte der Täter sein Fahrzeug ruckartig nach rechts, abermals um den anderen zu bedrängen und zu schikanieren. Es kam zur Kollision, das andere Fahrzeug überschlug sich, der Fahrer wurde schwer verletzt, der Beifahrer starb.
Das Gericht verurteilte wegen fahrlässiger Tötung (deutlich geringerer Strafrahmen), es nahm keinen Eventualvorsatz für die Tötung an. Zugunsten des Angeklagten ging es davon aus, dass er den Tod nicht billigend in Kauf genommen, sondern darauf vertraut hat, dass nichts passieren werde. Das sehr gefährliche Fahrverhalten begründe zwar einen „Gefährdungsvorsatz“, mehr aber nicht, auch nicht bzgl. einer Körperverletzung. Der Angeklagte habe auch die eigene Verletzung oder Beschädigung seines Autos nicht billigend in Kauf genommen. Dies deckt sich mit der BGH-Rechtsprechung (Berliner Kudamm-Raser-Fall). Vorsatz kann also nicht ohne Weiteres unterstellt werden, wenn dies mit einer eigenen Verletzung einhergehen würde. Das Gericht ging davon aus, dass der Angeklagte schon eine Kollision nicht wollte.
Weshalb nicht wegen Straßßenverkehrsgefährdung (§ 315c StGB) oder eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) verurteilte, ist der Pressemitteilung nicht zu entnehmen. Eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) war mangels Strafantrag unmöglich, ein besonderes öffentliches Interesse sah das Gericht nicht (§ 230 StGB).
LG Osnabrück, 6 Ks 4/24
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Ich gehe eigentlich davon aus, dass die Staatsanwaltschaft Revision einlegen wird. Nach der Pressemitteilung erscheint mir die Verneinung eines Eventualvorsatzes zumindest bedenkenswert (ruckartiges nach rechts lenken, Gefahr einer Panikreaktion des anderen, die in einem Unfall endet), ich war allerdings beim Prozess auch nicht dabei, und nur der Inhalt der Hauptverhandlung darf Urteilsgrundlage sein (§ 261 StPO). Ebenso halte ich das nicht angenommene öffentliche Interesse (fahrlässige Körperverletzung) für problematisch (Nr. 86 RiStBV).