Bayern: MPU auch schon bei 1,1 Promille

Nach strafgerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB), die auf einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss beruht (§ 316 StGB), ist im Wiedererteilungsverfahren unabhängig von der bei der Verkehrsteilnahme vorgelegen Blutalkoholkonzentration die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 11 BV 14.2738

Anmerkung:

Mit dieser Änderung der Rechtsprechung schließt sich der bayerische Verwaltungsgerichtshof der Rechtsprechung aus Baden-Württemberg an. Im entschiedenen Fall ging es um eine Blutalkoholkonzentration von 1,28 Promille, die Fahrerin wurde wegen Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 StGB verurteilt. Dies ist schon ab 1,1 Promille möglich, in Bayern wird dies also zukünftig zur Anordnung einer MPU bei Wiedererteilung der Fahrerlaubnis führen.

Doch Vorsicht: Im entschiedenen Fall lag lediglich eine Fahrt unter Alkohol vor, die erst bei Vorliegen der sog. absoluten Fahruntüchtigkeit (1,1 Promille) strafbar ist und zur Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 69 StGB berechtigt. Bei relativer Fahruntüchtigkeit (bereits ab 0,3 Promille möglich) kann es auch zu einer strafrechtlichen Verurteilung kommen, wenn aufgrund eines alkoholbedingten Fahrfehlers andere Menschen oder fremde Sachen gefährdet werden (§ 315c StGB). Auch dann wird im Strafverfahren die Fahrerlaubnis gem. § 69 StGB entzogen werden. Und auch dann wird in Bayern zukünftig vor Wiedererteilung eine MPU beizubringen sein. Hierzu wird in dem Urteil ausgeführt: Auch in einem solchen Fall würde der Fahrzeugführer durch die Trunkenheitsfahrt (mit Gefährdung) zeigen, dass er ein Problem mit dem Trennungsvermögen hat, denn er hat trotz alkoholbedingter Ausfallerscheinungen am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen. Insoweit hätte auch dieser Fahrzeugführer fahrerlaubnisrechtlich Alkoholmissbrauch betrieben und es wäre in gleicher Weise zu klären, ob zu erwarten ist, dass er dies auch künftig tun werde. Dem Fahrerlaubnisrecht jedenfalls ließen sich keine Anhaltspunkte entnehmen, die strafrechtliche Würdigung, der Fahrzeugführer sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr, infrage zu stellen. Einen maßgeblichen BAK-Wert von 1,1 Promille kenne das Fahrerlaubnisrecht nicht.

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