Ein Absehen vom Fahrverbot bei einem Rotlichtverstoß von mehr als 1 Sekunde kommt nur in Betracht, wenn entweder besondere Ausnahmeumstände in der Tat oder der Persönlichkeit des Betroffenen gegeben sind oder wenn eine Vielzahl für sich genommen jeweils gewöhnlicher Umstände in einer Gesamtschau dazu führt, eine Ausnahme zu begründen. Dies ist eigentlich nur der Fall, wenn kein besonders schwerwiegender Rotlichtverstoß gegeben ist, weil eine auch nur abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer völlig ausgeschlossen ist.
Der Mitzieheffekt schließt einen groben Verkehrsverstoß nicht aus. Dies gilt auch, wenn der Betroffene hinter einem anderen Fahrzeug herfährt und sich hierbei – ob ortskundig oder nicht – auf den vorausfahrenden Fahrer verlässt. Selbstverständlich muss jeder Autofahrer die Ampel selbst beobachten, alles andere stellt eine grobe Pflichtverletzung dar. Auch der Einwand der Regennässe kann einen Betroffene nicht entlasten, da jeder Fahrzeugführer sich auf entsprechende Bedingungen einstellen muss.
KG Berlin, 3 Ws (B) 274/18