Wenn bei einem Verkehrsverstoß der Fahrer nicht ermittelt werden kann, kann eine Fahrtenbuchauflage verhängt werden. Die Behörde trägt allerdings die materielle Beweislast für die rechtzeitige Anhörung des Halters. Sie muss den vollen Beweis über den Zugang eines Schriftstücks erbringen, da dessen Nichterhalt eine negative Tatsache darstellt, die keinem Beweis zugänglich ist.
Der Zugang eines mit normaler Post verschickten Schreibens kann nicht im Wege einer Beweiserleichterung (prima-facie-Beweis) zugestanden werden.
Das Gericht kann aber im Einzelfall verschiedene Umstände würdigen und so zu der Überzeugung gelangt, dass ein Schriftstück auch den Adressaten erreicht hat.
OVG Hamburg, 4 Bs 140/21
Hier sind nachweisbar 2 Schreiben mit normaler Post aufgegeben worden. Diese kamen nicht als unzustellbar zurück, eine Antwort des Halters blieb allerdings aus. Der entsprechende Bescheid (mit Postzustellungsurkunde) konnte zugestellt werden, der Halter legte dann Rechtsmittel ein. Hieraus schloss das Gericht, dass ihm wohl auch ein Zeugenfragebogen zugegangen sein muss.
Grundsätzlich sollte ein solcher Zeugenfragebogen den Halter innerhalb von 14 Tagen erreichen, damit sein Erinnerungsvermögen noch gegeben ist. Hier allerdings gab es ein sehr deutliches Bild des Fahrers, so dass diese Regelung nicht einschlägig war. Die Zweiwochenfrist ist keine pauschale Frist, es kommt immer auf den Einzelfall an.