Reifenwechsel durch die Feuerwehr

Eine Autofahrerin hatte eine Reifenpanne und wartete auf den bereits alarmierten ADAC. Zufällig kam die Freiwillige Feuerwehr vorbei (sie waren zu einem anderen Einsatzort gerufen worden, dort lag aber gar kein umgestürzter Baum und sie befanden sich auf dem Rückweg), Feuerwehrleute wechseln ihr den Reifen. Hierfür hat die Stadt Kirtorf ihr danach 784,20 € in Rechnung gestellt.

Zu Unrecht wurde jetzt entschieden. Die Frau muss gar nichts zahlen. Der Kostenbescheid ist evident rechtswidrig. Dem Bescheid lässt sich nicht entnehmen, auf welcher Basis hier Kosten geltend gemacht werden. Ein pauschaler Verweis auf die Gebührensatzung der Feuerwehr ist nicht ausreichend, es fehlt aber auch an einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Es bestand keine akute Gefahrenlage, die ein Eingreifen der Feuerwehr notwendig gemacht hätte. Auch konnte die Frau von einer kostenlosen Hilfeleistung ausgehen, da sie die Feuerwehr nicht angefordert hatte und auch nicht auf anfallende Kosten hingewiesen wurde.

VG Gießen, 2 L 260/23.GI

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Zustellung an Betroffenen und Verteidiger

Wenn das Urteil in einer Bußgeldsache sowohl an den Betroffenen als auch den Verteidiger zugestellt wird, berechnet sich die Frist von einem Monat zur Begründung der Rechtsbeschwerde von dem Zeitpunkt der letzten förmlichen Zustellung an. Auch wenn eine doppelte Zustellung gesetzlich nicht vorgesehen ist, ist sie dennoch zulässig.

Hier lag ein so genanntes Protokollurteil (Urteil protokolliert, allerdings ohne Gründe) vor, dass sofort der Staatsanwaltschaft zur weiteren Bearbeitung zugeschickt wurde. Die Rechtsbeschwerde nahm hierauf Bezug, da keine Gründe für das Urteil angegeben waren, war dies recht einfach. Eine nachträgliche Ergänzung des Urteils war unzulässig, §§ 275 I StPO, 46 I, 71 I OWiG, da das Amtsgericht das Urteil bereits aus seinem Herrschaftsbereich (an die Staatsanwaltschaft) herausgegeben hatte.

OLG Brandenburg, 1 ORbs 136/23

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Aufwendungen für Hausnotrufsystem

Nach § 35a II EStG können 20% der Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen von der Einkommensteuer (direkt) abgezogen werden. Dies gilt allerdings nicht für ein Hausnotrufsystem, das lediglich den Kontakt zu einer 24-Stunden-Hotline herstellt. Hierbei handelt es sich nicht um eine Dienstleistung, die im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht wird.

BFH, VI R 7/21

Etwas anderes kann für Notrufsysteme innerhalb einer Seniorenresidenz gelten, bei denen direkt Pfleger in der Einrichtung vor Ort alarmiert werden (BFH, VI R 18/14).

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Keine Einsicht in alle Fotos der Messreihe

Der Betroffene beziehungsweise sein Verteidiger hat keinen Anspruch darauf, Einsicht in sämtliche Fotos der Messreihe zu nehmen. Begründet wird diese Entscheidung damit, dass die anderen Fotos keine Relevanz für die streitgegenständliche Messung hätten, was auch von der PTB bestätigt worden ist.

OLG Zeibrücken, 1 OWi 2 SsBs 49/22

Eine Entscheidung, die zu kritisieren ist. Denn gerichtlich bestellte Sachverständige nehmen regelmäßig Einsicht in die gesamte Messreihe. Weshalb wohl? Natürlich nur, um die einzig zu überprüfende Messung tatsächlich einer Überprüfung zuführen zu können. Dazu sind also alle Fotos notwendig. Aber es gibt genug anderslautende Entscheidungen von anderen Gerichten.

Der Betroffene hat allerdings Einsicht in verschiedene Unterlagen, die sich bei der Behörde befinden. Und darf nicht darauf verwiesen werden, diese Einsicht bei der Behörde zu nehmen (OLG Karlsruhe, 1 ORbs 35 Ss 72/23). Die gesonderte Anreise zur Einsichtnahme wäre mit zu großen Mühen und Kosten verbunden, die in keinem Verhältnis zum Tatvorwurf stehen.

Natürlich ist eine Übersendung praktischer. Man kann es auch gleich elektronisch übermitteln, ich verstehe nicht, warum die Behörden da so rumbocken.

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Rote Kennzeichen

Nach § 16 FZV sind Fahrten mit roten Kennzeichen nur zur Überführung, als Überprüfungsfahrten, Probefahrten, notwendige Fahrten zur Waschanlage, Tankstelle oder zu einer Werkstatt erlaubt. Mehr nicht.

Reine Bewegungsfahrten, um Standschäden zu vermeiden, oder quasi Showfahrten, um das Fahrzeug in der Öffentlichkeit zu präsentieren und Kauflust anzuregen, waren und sind verboten.

Bei einem Verstoß droht der Widerruf der Zuteilung und die Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Maßnahme (OVG Bremen, 1 B 55/21). Und das VG Stade meint sogar, dass bei einem Verstoß die Zuteilung zwingend zu widerrufen ist (1 A 364/16). Begründet werden diese Maßnahmen mit der mangelnden Zuverlässigkeit.

Achtung, ein bereits zugelassenes Auto darf nicht mit roten Kennzeichen bewegt werden. Beispielsweise, wenn man ein Auto kauft und sofort mitnimmt, der Verkäufer aber die alten Nummernschilder zum Zwecke der Abmeldung behält. Dies ist unzulässig.

Möglich ist hingegen, ein Fahrzeug mit roten Kennzeichen in Betrieb zu nehmen, das lediglich über ein Saisonkennzeichen verfügt und dessen Betriebszeitraum gerade nicht gegeben ist. Zwar gilt das Fahrzeug ganzjährig als zugelassen, aber die Rechte aus der Zulassung dürfen eben nur im Betriebszeitraum genutzt werden. Insoweit ist dann außerhalb dieses Zeitraums ein rotes Kennzeichen zulässig. Gleiches gilt bei Wechselkennzeichen, es ist aber in beiden Fällen immer sicherzustellen, dass die Kennzeichen nicht neben den roten Kennzeichengeführt werden.

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