Kraftfahrstraße oder nicht?

Die Einordnung einer Straße als Kraftfahrstraße ergibt sich nach § 18 I StVO allein aus der Beschilderung, und nicht durch die Bauart.

Interne Vorschriften entfalten als reine Verwaltungsanweisung keine Außenwirkung. Allerdings darf der Verkehrsteilnehmer deren Kenntnis und Berücksichtigung erwarten, so dass bei einem Verstoß möglicherweise der Schuldgehalt verringert wird.

Einzelne Abweichungen von Verwaltungsvorschriften sind mit Abweichungen von der Bedienungsanleitung vergleichbar, wenn keine eigenständige Bedeutung für die Integrität der Messung gegeben ist (z.B. bei der Protokollierung, u.a. OLG Celle, 2 Orbs 68/23; OLG Karlsruhe, 2 Orbs 35 ss 4/23; BaObLG, 201 ObOWi 1291/22). Dies führt also nicht dazu, dass eine Messung nicht mehr als standardisiert anzusehen ist.

Hier ging es darum, dass noch im einspurigen Bereich ein Kraftfahrstraßenschild aufgestellt war, obwohl die Voraussetzungen (zweispurig) noch nicht gegeben waren. Später wurde dann im zweispurigen Bereich das Kraftfahrstraßenschild aufgehoben, das Tempolimit betrug für den LKW also 60 km/h. Die Messung dort ist zulässig und kann verwertet werden, ein eventueller Tatbestandsirrtum wird schon durch die Annahme fahrlässiger Begehungsweise berücksichtigt (vgl. § 16 StGB).

OLG Celle, 2 Orbs 348/23

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Poliscan bleibt standardisiert

Die fehlende Erfassung des tatsächlichen Messbereichs sowie die Nichtspeicherung der Rohmessdaten führt nicht zur Unverwertbarkeit des Messergebnisses. Auch eine Änderung der Software, die weitere Daten dann nicht mehr speichert, lässt die Standardisierung regelmäßig nicht entfallen. Dies käme nur bei schwerwiegenden bewussten oder willkürlichen Änderungen in Betracht, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch unberücksichtigt bleiben.

KG Berlin, 3 Orbs 229/23

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Erbschaftsteuer beim Berliner Testament

Setzen Ehegatten in einem solchen Testament ein erst später fälliges Vermächtnis für die Kinder ein, die beim Tod des erstverstorbenen Ehegatten ihren Pflichtteil nicht fordern, kann der überlebende Ehegatte als Erbe die Vermächtnisverbindlichkeit nicht als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen, da dieses Vermächtnis noch nicht fällig ist. Stirbt dann der zweite Ehegatte und das begünstigte Kind bekommt das Vermächtnis, wäre dies grundsätzlich zu versteuern. Ist das Kind allerdings auch Schlusserbe geworden, kann es bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs die dann fällig gewordenen Vermächtnisverbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen.

BFH, II R 34/20

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Marktübliche Veräußerung einer Mitarbeiterbeteiligung

Der Gewinn aus einer marktüblichen Veräußerung einer Mitarbeiterbeteiligung unterfällt nicht der Lohnsteuer, auch wenn der Arbeitnehmer die Beteiligungen zuvor verbilligt erworben hat. Die verbilligte Beteiligung ist nämlich im Jahr des Erwerbs einkommensteuerrechtlich zu erfassen. Etwas anderes gilt nur, wenn dem Mitarbeiter später ein deutlich überhöhter Preis gezahlt wird.

BFH, VI R 1/21

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Prozesskosten für einen höheren Unterhalt

Selbst wenn der Unterhaltsberechtigte den Unterhalt im Rahmen des sogenannten Realsplittings versteuern muss, kann er Prozesskosten zur Erlangung eines höheren nachehelichen Unterhalts nicht als Werbungskosten abziehen. Unterhalt ist dem Privatbereich zuzurechnen. Durch das so genannte Realsplitting werden private Unterhaltszahlungen rechtsgestaltend in einen steuerrechtlich relevanten Bereich überführt. Dies geschieht allerdings erst zum Zeitpunkt der Umqualifizierung. Vorher verursachte Aufwendungen sind keine Werbungskosten. Allerdings wurde die Angelegenheit zurückverwiesen, da keine ausreichenden Feststellungen zur Frage getroffen worden sind, ob die entsprechenden Prozesskosten gegebenenfalls als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden könnten.

BFH, X R 7/20

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