Ordnungswidrigkeit kann im Strafverfahren strafschärfend wirken

Der Angeklagte fuhr ein Auto ohne Fahrerlaubnis, § 21 StVG. Hierbei hatte er auch noch 0,92 Promille BAK (Ordnungswidrigkeit gem. § 24a StVG). Dies zog das Gericht strafschärfend heran und verurteilte ihn zu 7 Monaten Freiheitsstrafe.

Das ordnungswidrige Verhalten konnte bei der Strafzumessung berücksichtigt werden, da es nicht oder nur teilweise zu dem Tatbestand (Fahren ohne Fahrerlaubnis) gehört und den Unrechtsgehalt steigert.

KG Berlin, 3 ORs 38/25

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Suizid mit dem Auto

Wenn ein Autofahrer sein Auto dazu benutzt, um Selbstmord zu begehen, indem er es in den Gegenverkehr lenkt, greift nicht die Betriebsgefahr seines Kraftfahrzeugs, um den Schaden des Unfallgegners zu regulieren. Der Suizid ist eine autonome Handlung ohne Bezug zur Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs, diese war hier nicht mehr unfallursächlich. Es handelt sich um eine autonome und vorsätzliche Entscheidung des Fahrers. Insoweit diente das Fahrzeug lediglich dem Transport zum Ort, eine fahrzeugspezifische Gefahr hat sich nicht verwirklicht. Die Haftpflichtversicherung muss den Schaden nicht begleichen.

OLG Hamm (Hinweisbeschluss), 9 U 42/23

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Verschriebenes Cannabis

Wer Cannabis verordnet bekommt und entsprechend der Verordnung einnimmt, begeht keine Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr, wenn er keine Ausfallerscheinungen zeigt.

Auch muss eine Verordnung vorliegen, die inhaltlich § 3 MedCanG entsprechen muss, die inhaltlich §§ 2, 4 AMVV entspricht. Hierzu gehören Angaben zur Person des Verschreibenden, zur Person, für die die Verschreibung bestimmt ist, das Datum der Ausfertigung und Gültigkeitsdauer. Ein so genannter Cannabis – Ausweis ohne die vorgenannten Informationen oder die verschriebene Menge ist nicht ausreichend.

Letztendlich muss noch § 24a IV StVG auch eine Bezugnahme auf einen konkreten Krankheitsfall gegeben sein.

Und dann noch der Hinweis darauf, dass ein Joint circa 0,2-0,4 g Cannabis enthält.

AG Hamburg-Wandsbek, 726b OWi 58/25

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Urteil in Abwesenheit des Betroffenen

Wird der Betroffene von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen entbunden, ist sein vorheriger Sachvortrag (auch in vorhergehenden Schriftsätzen) zu berücksichtigen. Der vorherige Vortrag muss durch Verlesung oder Mitteilung des wesentlichen Inhalts in die Haupthandlung eingeführt werden. Wird dies nicht im Protokoll erwähnt, ist davon auszugehen, dass dies nicht erfolgte. Zumindest muss sich das Urteil hiermit auseinandersetzen. Auf diesem Fehler, also der Versorgung des rechtlichen Gehörs, beruht das Urteil, wenn dies nicht geschieht. Es ist aufzuheben.

OLG Koblenz, 3 ORbs 4 SsRs 29/25

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Tötungsdelikt nach einem Unfall

Es kam zu einem Unfall auf der Autobahn, circa 200 m hinter der Unfallstelle kam der Verursacher zum Stillstand. Er ging circa 50 m zurück und konnte das andere Auto nicht wahrnehmen. Dieses war über die Leitplanke geflogen. Er ging vielleicht davon aus, dass dieser weitergefahren sei. Dann verließ er auch den Unfallort, ohne sich weiter umzusehen oder zu vergewissern, dass kein anderer zu Schaden gekommen ist. Der Beifahrer des von ihm angefahrenen Autos ist verstorben.

Er wurde wegen fahrlässiger Tötung und Unfallflucht verurteilt. Eine vorsätzliche Herbeiführung des Unfalls war nicht gegeben.

Hiergegen legte die Staatsanwaltschaft Revision ein. Und die hatte Erfolg, es kommt ein Totschlag durch Unterlassen in Betracht. Das andere Auto konnte nicht weitergefahren sein, auch den Unfall selbst hatte der Verursacher bemerkt. Er hätte sich also weiter vergewissern müssen, ob der Unfallgegner mit seinem Auto noch irgendwo stand.

Indem er dies nicht tat, verstieß er gegen seine Pflichten aus der Garantstellung, die er infolge der Unfallverursachung inne hatte. Und dann kann bei seiner solchen Konstellation auch ein vorsätzliches Unterlassen (des erforderlichen und geforderten Handelns) in Betracht kommen.

Das Urteil wurde aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen.

BGH, 4 StR 476/24

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