Geständnis im Ermittlungsverfahren

Ein später widerrufenes Geständnis im Ermittlungsverfahren ist im Zivilprozess nicht ohne Weiteres verwertbar. Es stellt nicht zwingend den Nachweis eines behaupteten Sachverhalts dar. Ein im Strafverfahren abgelegtes Geständnis entfaltet im Zivilprozess nicht die Wirkungen der §§ 288,

290 ZPO, es ist lediglich im Rahmen der freien Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO als Indiz zu berücksichtigen. 

Allerdings muss der ehemals Geständige dann im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast konkrete Zweifel an der Wahrheit des damaligen Geständnisses vortragen. Dann wiederum muss der Anspruchsteller beweisen, dass der Vortrag doch stimmt.

OLG Bamberg, 12 U 80/24 e

„Es entspricht außerdem gesicherten Erfahrungssätzen, dass Vernehmungsdruck – auch jenseits verbotener Vernehmungsmethoden (vgl. § 136a StPO)) –zu falschen Geständnissen führen kann, jedenfalls dann, wenn die Vernehmung für den Betroffenen eine belastende und spannungsgeladene Ausnahmesituation darstellt. Die regelmäßig größere Erfahrenheit und Handlungskompetenz des Vernehmenden erleichtert es diesem zudem, eigene Vernehmungsziele durchzusetzen, eine Anpassung des Vernommenen zu erreichen und dessen Widerstand zu brechen. Eine solche Situation kann beim Vernommenen dazu führen, dass er primär eine Beendigung der Vernehmungssituation erreichen will und aus Vorhalten in der Vernehmung gewonnene Erkenntnisse in seine Darstellung einbaut, zumal in Fällen, in denen er die Hoffnung hat, seine Angaben würden nicht zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen. Denn alters- und deliktsunabhängig kommt es nicht ganz selten vor, dass die Angst vor Verhaftung oder Vollzug der Untersuchungshaft (BGH, Urteil vom 19.04.2000 – 5 StR 20/00 [Rn. 8, 10; juris: nicht „lebensfremdes“ Motiv für Geständnis]) zu einem falschen Geständnis führt, weil die Beschuldigten hoffen, durch ihr Geständnis zumindest den nächstliegenden Beeinträchtigungen zu entgehen (Eisenberg, Beweisrecht der StPO [2017], Rn. 732 ff. m. w. N.).“

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Schaden am Ferrari F40

An einem solchen tollen Auto entstand ein Schaden, da es mit der serienmäßigen Tieferlegung zu einem Aufsetzen auf der Straße kam. Ursächlich sollen ein nicht unerheblich herausragender Kanaldeckel sowie ein seitliches Fahrbahngefälle gewesen sein.

Die Gemeinde als Straßenbaulastträger haftet nicht. Maßnahmen des Verkehrssicherungspflichtigen sind regelmäßig nicht geboten, wenn ein Verkehrsteilnehmer bei zweckgerechter Benutzung der Straße und Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit etwaige Schäden selbst abwenden kann. Wird eine Gefährdung durch risikoerhöhende Umstände wie die Tieferlegung des Fahrzeugs wesentlich (mit-) begründet, muss der Fahrzeugführer dies durch erhöhte eigene Aufmerksamkeit und Vorsicht kompensieren. Selbst wenn eine Straße mit einem allgemein schlechten Ausbauzustand abhilfebedürftige Gefahrenquellen in Form von erkennbaren Unebenheiten aufweise, müsse eine Haftung des Straßenbaulastträgers aus der Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht hinter das (Mit-) Verschulden des Fahrzeugführers zurücktreten, wenn dieser die Straße mit einem tiefergelegten Fahrzeug befährt. 

OLG Koblenz, 12 U 1012/21

Es ging immerhin um ca. 62.000 € Schaden. Die Verkehrssicherungspflicht umfasst nicht die Pflicht, mit erheblichen Kosten für die Allgemeinheit dafür zu sorgen, dass die Straße auch für „nicht alltagstaugliche“ Fahrzeuge wie den streitgegenständlichen Ferrari gefahrlos nutzbar sei. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Ferrari serienmäßig tiefergelegt wurde und für den allgemeinen Straßenverkehr zugelassen ist. Die Zulassung eines Sportfahrzeugs mit entsprechend geringer Bodenfreiheit beinhalte gerade nicht die Zusicherung, dass alle öffentlichen Straßen befahren benutzt werden können.

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Täuschung bei der MPU

Erhält jemand seine Fahrerlaubnis aufgrund eines positiven MPU – Gutachtens zurück und erscheinen die Abstinenznachweise später nicht mehr verwertbar (nicht vom Antragsteller), kann ihm erneut die Fahrerlaubnis entzogen werden. Es obliegt dem Antragsteller, dann nachzuweisen, dass die Verwertbarkeit doch gegeben ist.

Wenn eine Begutachtungsstelle ein altes Gutachten nachträglich zurückzieht, weil sie davon ausgeht, bei der Erstellung des Gutachtens über die Abstinenznachweise getäuscht worden zu sein, rechtfertigt dies die Annahme, dass ein solches positives Gutachten nicht vorliegt.

VG Gelsenkirchen, 7 L 1592/25

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Verbotenes Rennen mit sich selbst

Der Motorradfahrer fuhr mit sehr hoher Geschwindigkeit auf der Autobahn, durch dichtes Auffahren veranlasste er andere Kraftfahrzeugführer zum Spurwechsel, damit er überholen konnte. Die verfolgenden Polizeibeamten mussten bis zu 180 km/h fahren, um aufzuschließen. Er führte mehrere Fahrspurwechsel aus, nutzte Lücken im Verkehr, das sogenannte Lückenspringen.  Sein Ansinnen war es, unter grober Missachtung einer angemessenen Geschwindigkeit in den konkreten Verkehrssituationen und der vorherrschenden Verkehrslage, bei den bauartbedingten Gegebenheiten des von ihm geführten Fahrzeugs aus eigensüchtigen Motiven eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.

Die Revision des Angeklagten wurde verworfen, es blieb bei der Verurteilung. Das Kammergericht hat folgende grundsätzlichen Erwägungen zu einem solchen Urteil getroffen:

Stützt das Gericht das Merkmal der nicht angepassten Geschwindigkeit allein auf eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, bedarf es der Mitteilung der für den tatrelevanten Streckenabschnitt geltenden zulässigen Höchstgeschwindigkeit und der vom Täter gefahrenen Geschwindigkeit. Dabei kommt es, anders als beim ordnungwidrigkeitenrechtlichen Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung, nicht zwingend auf die exakt gefahrene Geschwindigkeit an.

Je gravierender die Differenz zwischen der zulassigen und der vom Täter gefahrenen Geschwindigkeit in der konkreten Verkehrssituation ist, desto näher liegt die Annahme eines verbotenen Alleinrennens, das ein grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Verhalten indiziert, so dass sich die Anforderungen an die Darstellung dieser Umstände reduzieren.

Stützt das Gericht die Annahme eines unerlaubten Kfz-Rennens nicht allein auf eine massive Geschwindig-keitsüberschreitung, bedarf es der Feststellung solcher weiterer Verkehrsverstöße, die dem Tatgeschehen das Gepräge eines Kfz-Rennens geben (z. B. häufige abrupte Spurwechsel, dichtes Auffahren, Betätigen der Lichthupe). Diese Umstände sind im Urteil konkret darzulegen.

Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das Tatgericht in der Regel darzulegen, auf welche Beweismittel es die Überzeugung von der vom Angeklagten gefahrenen Geschwindigkeit, die zulässige Höchstgeschwindigkeit, die Länge der Wegstrecke, weiteres Fehlverhalten des Angeklagten und gegebenenfalls das dem Verfolgerfahrzeug abgenötigte Fahrverhalten gestützt hat.

KG Berlin, 3 ORs 37/25

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Verhandlung ohne Dolmetscher

Soll dies gerügt werden, muss man einerseits die prozessuale Situation darlegen, in der sich der Betroffene vielleicht mit einem Dolmetscher anders verteidigt hätte, andererseits muss man auch darlegen, welche sprachlichen Kenntnisse der Betroffene hat.

KG Berlin, 3 ORbs 160/25

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