Mithaftung bei Unfall; Überschreiten der Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn

Ein Autofahrer, der die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h auf der Autobahn deutlich überschreitet (hier: ca. 200 km/h), kann bei einem Unfall eine Mithaftung tragen müssen. Im entschiedenen Fall haftete der Schnellfahrer zu 40%, auch wenn der Unfall wesentlich durch ein auf die linke Fahrbahn ausscherendes KFZ verursacht wurde.

Der Schnellfahrer fuhr nachts mit ca. 200 km/h auf der linken Spur, als vor ihm plötzlich ein KFZ auf die linke Spur wechselte, um ein drittes Fahrzeug zu überholen. Der
Ausscherende beachtete dabei nicht den rückwärtigen Verkehr, die Unfallverursachung durch das ausscherende KFZ wurde angenommen, u.a. da zum Zeitpunkt des Ausscherens der Schnellfahrer bereits im Sichtbereich war.

Begründet wird die Mithaftung (aus der Betriebsgefahr, also verschuldensunabhängig, § 7 StVG) mit dem Umstand, dass es sich aufgrund der deutlichen Überschreitung der Richtgeschwindigkeit bei dem Unfall nicht um ein unbwendbares Ereignis gem. § 17 Abs.III StVG (auch für den sog. “Ideal-Fahrer“ unabwendbar) handelte, da der Schnellfahrer durch die massive (noch dazu nächtliche) Überschreitung der Richtgeschwindigkeit die Betriebsgefahr seines KFZ erheblich erhöhte, da insbesondere in Verkehrssituationen mit mehreren KFZ eine gewisse Unabwägbarkeit der Geschehensentwicklung immer gegeben ist und bei dieser Geschwindigkeit nicht mehr darauf reagiert werden kann.

OLG Koblenz, Urteil vom 14.10.2013, 12 U 313/13

Anmerkung:

Etwas anderes würde möglicherweise gelten, wenn der Schnellfahrer nachweisen könnte, dass der Unfall auch bei Richtgeschwindigkeit für ihn nicht zu vermeiden gewesen
wäre (u.a. BGH, VI ZR 62/91; OLG Nürnberg, 13 U 712/10). Vorliegend ergab aber eine Überprüfung, dass der Unfall bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit schon durch eine mittelstarke Bremsung vermieden worden wäre.

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Eine Antwort zu Mithaftung bei Unfall; Überschreiten der Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn

  1. mindamino sagt:

    Das gilt allerdings nicht, wenn ein PKW aufgrund eines unverschuldeten Unfalls oder zB. am Stauende auf der Fahrbahn steht.
    Dann haftet der Fahrer des stehenden Fahrzeugs, wenn der Auffahrende erklärt doppelt so schnell gefahren zu sein wie erlaubt, ganz besonders wenn er erklärt zusätzlich auch noch unaufmerksam gefahren zu sein.
    http://blog.justizfreund.de/?p=4613

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