Corona-Bußgeld

In diesem Fall ging es um ein Bußgeld nach der alten Verordnung aus Baden-Württemberg. Das Bußgeld fiel weg, da die Personen in einem Auto saßen, die entsprechende Personenbegrenzung aber nur für den öffentlichen Raum galt. Und ein Auto ist eben kein öffentlicher Raum.

Aber es wurde im Urteil auch etwas zur Wirksamkeit der alten Verordnung geschrieben:

Spätestens nach Neufassung des § 28a IfSG bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken an der Verordnung. Denn durch die alte Verordnung wurde nicht nur die allgemeine Handlungsfreiheit eingeschränkt, sondern darüber hinaus auch Versammlungsfreiheit, Berufsausübungsfreiheit und Freizügigkeit. Und für eine derartige Verordnung lag keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage (zu unkonkret, wie sich jetzt an der enumerativen Aufzählung in § 28a IfSG zeigt) vor. Es wurde gegen den Parlamentsvorbehalt (hier gibt es keine dynamische Ausgestaltung in „nichteiligen“ Fällen) und das Bestimmtheitsgebot verstoßen. Auch hätte vor Ort eine Gefährdungslage bestehen müssen. Gleiches gelte für Reiserückkehrer aus Risikogebieten, die allgemein eine Quarantäne-Auflage erhalten hätten. Die entsprechenden Vorschriften werden durch derartig pauschale Ausgestaltungen überdehnt. Und es ist keine Gefahrenabwehr (mangels konkreter Gefährdungslage), sondern eine Risikovorsorge gegeben.

Die insoweit teilweise vertretene Auffassung, es könnten – trotz nicht ausreichender Konkretisierung möglicher Maßnahmen – aufgrund nicht vorhersehbarer Risikoentwicklungen eigentlich nicht hinnehmbare Regelungslücken durch Generalklauseln abgedeckt werden, sei aus tatsächlichen Gründen und verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar.  Es gab im vergangenen Jahrzehnt verschiedene Pandemiepläne (nur teilweise oder gar nicht umgesetzt), daher kann es sich auch jetzt nicht um eine unvorhersehbare Pandemie handeln. Diese Untätigkeit des Gesetzgebers kann aber keinen Grundrechtseingriff rechtfertigen.

AG Reutlingen, 4 OWi 23 Js 16246/20

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