Sechsmonatsfrist bei fiktiver Abrechnung

Liegt der Schaden bis zu 100 % des Wiederbeschaffungswertes, kann fiktiv auf Gutachtenbasis (netto) oder konkret anhand der angefallenen Reparaturkosten (brutto) abgerechnet werden. Liegt er bis zu 30 % darüber, können die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten abgerechnet werden. Wird fiktiv im ersten Fall abgerechnet, muss das Fahrzeug gegebenenfalls in einen verkehrssicheren Zustand versetzt werden. Bei dieser Variante oder bei der Abrechnung konkreter Kosten bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswertes besteht grundsätzlich eine weitere Haltepflicht von sechs Monaten.

Diese Haltepflicht ist allerdings keine Fälligkeitsvoraussetzung für den Schadensersatzanspruch. Der Schädiger beziehungsweise seine Versicherung müssen also unmittelbar zahlen und können nicht erst die sechs Monate abwarten.

OLG München, 24 U 3811/23 e

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Halterhaftung bei Parkverstößen

Nach § 25a I StVG trägt der Halter die Verfahrenskosten, wenn der Fahrer bei einem Halt- oder Parkverstoß nicht vor Ablauf der Verjährung ermittelt werden kann oder ein zu großer Aufwand nötig wäre. Die entsprechenden Zeichen müssen vorhanden und erkennbar gewesen sein, auf die subjektive Erkennbarkeit für den tatsächlichen Fahrer kommt es nicht an.

AG Maulbronn, 4 OWi 135/23

Einen gewissen Ermittlungsaufwand muss die Behörde aber betreiben, zumindest einen Zeugenfragebogen an den Halter versenden.

Ach ja, und nach dem Parken gibt es für den Fahrer eine gewisse Umschaupflicht, ob irgendwo Parkverbotsschilder aufgestellt sind.

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Kraftfahrstraße oder nicht?

Die Einordnung einer Straße als Kraftfahrstraße ergibt sich nach § 18 I StVO allein aus der Beschilderung, und nicht durch die Bauart.

Interne Vorschriften entfalten als reine Verwaltungsanweisung keine Außenwirkung. Allerdings darf der Verkehrsteilnehmer deren Kenntnis und Berücksichtigung erwarten, so dass bei einem Verstoß möglicherweise der Schuldgehalt verringert wird.

Einzelne Abweichungen von Verwaltungsvorschriften sind mit Abweichungen von der Bedienungsanleitung vergleichbar, wenn keine eigenständige Bedeutung für die Integrität der Messung gegeben ist (z.B. bei der Protokollierung, u.a. OLG Celle, 2 Orbs 68/23; OLG Karlsruhe, 2 Orbs 35 ss 4/23; BaObLG, 201 ObOWi 1291/22). Dies führt also nicht dazu, dass eine Messung nicht mehr als standardisiert anzusehen ist.

Hier ging es darum, dass noch im einspurigen Bereich ein Kraftfahrstraßenschild aufgestellt war, obwohl die Voraussetzungen (zweispurig) noch nicht gegeben waren. Später wurde dann im zweispurigen Bereich das Kraftfahrstraßenschild aufgehoben, das Tempolimit betrug für den LKW also 60 km/h. Die Messung dort ist zulässig und kann verwertet werden, ein eventueller Tatbestandsirrtum wird schon durch die Annahme fahrlässiger Begehungsweise berücksichtigt (vgl. § 16 StGB).

OLG Celle, 2 Orbs 348/23

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Poliscan bleibt standardisiert

Die fehlende Erfassung des tatsächlichen Messbereichs sowie die Nichtspeicherung der Rohmessdaten führt nicht zur Unverwertbarkeit des Messergebnisses. Auch eine Änderung der Software, die weitere Daten dann nicht mehr speichert, lässt die Standardisierung regelmäßig nicht entfallen. Dies käme nur bei schwerwiegenden bewussten oder willkürlichen Änderungen in Betracht, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch unberücksichtigt bleiben.

KG Berlin, 3 Orbs 229/23

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Erbschaftsteuer beim Berliner Testament

Setzen Ehegatten in einem solchen Testament ein erst später fälliges Vermächtnis für die Kinder ein, die beim Tod des erstverstorbenen Ehegatten ihren Pflichtteil nicht fordern, kann der überlebende Ehegatte als Erbe die Vermächtnisverbindlichkeit nicht als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen, da dieses Vermächtnis noch nicht fällig ist. Stirbt dann der zweite Ehegatte und das begünstigte Kind bekommt das Vermächtnis, wäre dies grundsätzlich zu versteuern. Ist das Kind allerdings auch Schlusserbe geworden, kann es bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs die dann fällig gewordenen Vermächtnisverbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen.

BFH, II R 34/20

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