Die vergessene Sperrfrist

Der Angeklagte wurde wegen einer Trunkenheitsfahrt und Fahren trotz eines Fahrverbots zu 3 Monaten verurteilt. Es wurde ein weiteres Fahrverbot von 5 Monaten ausgesprochen, eine Sperrfrist für die Wiedererteilung nach Entziehung der Fahrerlaubnis aber nicht im Urteilstenor festgehalten. Diese wurde nur in den Urteilsgründen erwähnt und begründet (1 Jahr), eine Berichtigung erfolgte nicht. Nur der Angeklagte legte Berufung ein, das Berufungsgericht bestätigte die Verurteilung und nahm auch eine Sperrfist mit auf.

Das geht so nicht, es besteht ein Verschlechterungsverbot, da nur der Angeklagte Berufung einlegte. Die erstmalige Anordnung der Sperrfrist in der Berufung ist somit unzulässig. Es liegt kein offensichtlicher Verkündungs- oder Fassungsmangel vor, da auch im Protokoll der Hauptverhandlung eine Sperrfrist nicht erwähnt wurde. Insoweit konnte auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Sperrfrist zumindest bei Verkündung mündlich erörtert wurde. Die Sperrfrist für die Wiedererteilung fiel weg.

BayObLG, 203 StRR 342/22

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Mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung

Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann auch ohne Zufluss beim Gesellschafter vorliegen, wenn die Kapitalgesellschaft einer dem Gesellschafter nahestehenden Person den Vorteil zuwendet (mittelbare Zuwendung an den Gesellschafter). Hieran fehlt es, wenn die Gesellschaft eine angemessene Gegenleistung erhält.

BFH, VIII R 2/20

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MPU bei zwei Alkoholfahrten

Bei wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkohol kann eine MPU nach § 13 Nr. 2 b FeV angeordnet werden. Hierzu reichen auch Ordnungswidrigkeiten aus. Die zwei Taten müssen allerdings vom äußeren Geschehensablauf eigenständige Lebenssachverhalte betreffen.

Anders als im Strafrecht führt ein Unfall mit anschließender Weiterfahrt nicht zu einer Zäsur und damit nicht zu einer neuen Tat i.S.d. Vorschrift. Es liegt nur eine Zuwiderhandlung vor, die Voraussetzungen für die MPU-Anordnung sind nicht gegeben, es besteht ein Anspruch auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis ohne MPU.

BVerwG, 3 C 10.22

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Pflichtverteidiger bei drohendem Entzug der Fahrerlaubnis?

Im Zuge der gesetzlichen Neuregelung wurde auch die Schwere der zu erwartenden Strafe und Rechtsfolge in den Katalog mit aufgenommen, bei dem ein Pflichtverteidiger bestellt werden kann. Hier ging es um einen Auslieferungsfahrer, der eine Unfallflucht begangen haben soll. Er war in seinem Beruf seit 32 Jahren tätig, es drohte der Entzug der Fahrerlaubnis (mindestens sechs Monate). Er wäre durch den Entzug der Fahrerlaubnis also gehindert gewesen, seinen Beruf weiter auszuüben. Hierin kann ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit erkennbar sein. Auch drohte ihm der Verlust des Arbeitsplatzes. Das reichte, er bekam einen Pflichtverteidiger gestellt.

LG Itzehoe, 14 Qs 160/23

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Absehen vom Fahrverbot bei Alkohol

Begeht jemand eine Alkoholfahrt im Ordnungswidrigkeitenbereich (0,5-1,1 Promille, keine Gefährdung), kann nur in besonderen Fällen vom Fahrverbot abgesehen werden, wenn die Tat insgesamt gravierend aus dem Normalfall herausfällt und ein Regelfahrverbot offensichtlich unpassend wäre. Eine nur kurze Fahrt (ca. 200 m) ist hierfür nicht ausreichend, insbesondere wenn die Grenze von 0,5 Promille nicht nur geringfügig überschritten wurde.

BayObLG, 202 Ob OWi 780/23

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