Sichtfahrgebot schützt auch volltrunkene, auf der Straße liegende Person

Der Angeklagte befuhr nachts eine Straße mit angepasster Geschwindigkeit. Aus Unachtsamkeit übersah er einen auf der Fahrbahn liegenden Menschen und überrollte diesen. Das Opfer verstarb noch an der Unfallstelle.

Das Opfer hatte eine Blutalkoholkonzentration von 3,36 Promille und lag auf der Straße. Aufgrund der Straßenbeleuchtung war das Opfer aus einer Entfernung von 27 m wahrnehmbar, bei Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit hätte der Angeklagte rechtzeitig anhalten können.

Der Angeklagte wurde wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Er hatte gegen das Sichtfahrgebot (§ 3 I S.4 i.V.m. § 1 StVO) verstoßen. Auch wenn der Angeklagte nicht grundsätzlich damit rechnen müsse, dass ein Volltrunkener auf Straße liegt, sei gerade Sinn und Zweck des Sichtfahrgebots, auch bei Dunkelheit rechtzeitig vor einem Hindernis anhalten zu können. Die entsprechend notwendige Vorhersehbarkeit wurde auch nicht durch das Mitverschulden des Opfers ausgeschlossen. Das Antreffen einer volltrunkenen Person auf der Straße liegt nicht außerhalb der Lebenserfahrung.

OLG Hamm, 4 RV s 65/19

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