Ablaufhemmung und ein Durchsuchungsbeschluss

Nach §§ 171 VII, 169 II 2 AO endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor ein Ermittlungsverfahren wegen einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit verjährt ist. Kommt es für die Verjährungsunterbrechung im Ermittlungsverfahren auf Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung an (§§ 78c StGB, 33 OWiG, muss das FG feststellen, ob inhaltliche Mindestanforderungen erfüllt sind. Auch wenn die Tatbestandswirkung anderer Gerichtentscheidungen diese Pflicht einschränkt, darf der Beschluss nicht angefochten worden sein. Hierzu musste der Steuerschuldner auch Gelegenheit haben.

Die Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung nach § 33 OWiG muss inhaltliche Mindestanforderungen erfüllen (u.a. Tatvorwurf und aufzufindende Beweismittel) und darf nur von der Verfolgungsbehörde oder einem Richter erlassen werden. Anordnungen der Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft lösen keine Verjährungsunterbrechung aus. Gilt ebenso bei Anordnungen nach § 78c StGB.

Hier waren alte Akten vernichtet worden, de angeblich ausgefertigte Durchsuchungsbeschluss war nicht mehr auffindbar, damit natürlich auch ein Zugang beim Steuerpflichtigen nicht nachzuweisen.

BFH, X R 7/22

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Vorbeifahrt an einem Schulbus

Nach § 20 I StVO darf an einem haltenden Bus auch im Gegenverkehr vorsichtig vorbeigefahren werden. Steigen aber viele Kinder aus dem Bus aus, muss der Fahrer die Geschwindigkeit so verringern, dass er jederzeit sofort anhalten kann, auch wenn ein Kind hinter dem Bus plötzlich auf die Straße tritt.

Hinweisbeschluss OLG Hamm, 7 U 120/22

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Umfassende Akteneinsicht

Der Verteidiger erhält 5 Bilder jeweils vor und nach der Messung des Mandanten sowie das erste und letzte Bild der Messreihe. Ebenfalls erhält er den Beschilderungsplan nebst verkehrsrechtlicher Anordnung sowie die Lebensakte (§ 31 MessEG).

Aus dem Fair-Trial-Grundsatz ergibt sich ein Informationsrecht über den Akteninhalt hinaus. Er erhält möglichst frühzeitig und umfassend Zugang zu Beweismitteln und Ermittlungsvorgängen und zu materiellen und prozessrechtlichen Informationen, ohne die er seine Rechte nicht wirkungsvoll wahrnehmen kann. Hierzu gehören auch Informationen, die die Behörde dem Gericht nicht vorlegt und die das Gericht unter Aufklärungsgesichtspunkten nicht für erforderlich erachtet. Aus dem Recht auf ein faires Verfahren folgt, dass der Betroffene Kenntnis auch von solchen Inhalten erlangen kann, die zum Zweck der Ermittlung entstanden, aber nicht zur Akte gelangt sind.

So bietet sich ihm eine weitgehende Möglichkeit, auch außerhalb eines Gerichtsverfahrens bei der Tatermittlung entstandene Unterlagen durch seine Verteidigung prüfen zu lassen, auch wenn sie nicht Aktenbestandteil sind. Hierdurch werden seine Verteidigungsmöglichkeiten erweitert, wenn er selbst nach möglicherweise fernliegenden, aber nicht schlechthin auszuschließenden Entlastungsmomentgen sucht, um so ggf. auch Anträge bei Gericht auf Beiziehung und Prüfung begründen zu können, auch wenn das Gericht die Prüfung bisher nicht für notwendig hielt.

Es müssen aber eine Sachdienlichkeit und ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang mit der Messung bestehen, ebenso eine Verteidigungsrelevanz. Bei der Prüfung ist aber auf Verteidigungsperspektive abzustellen, eine theoretische Aufklärungschance ist ausreichend, insbesondere da Behörden und Gerichte bei standardisierten Messverfahren von einer weiteren Aufklärung (zunächst) entbunden sind.

Statistikdatei bzw. CaseList müssen bei diesem Gerät nicht überlassen werden, Aussagen über die Fehlerhaftigkeit der Einzelmessung lassen sich lt. PTB hieraus nicht herleiten.

AG Stadtroda, 2 OWi 832/24

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Anhängerkauf

Ein aufschaukelnder Anhänger ist nicht mangelhaft, wenn dieses mit einfachen Mitteln verhindert werden kann und der gewerbliche Käufer das Fahrverhalten nicht innerhalb von 2 Wochen (§ 377 HGB) geprüft hat. Eine nur optische Prüfung ist in soweit unzureichend.

Bei einem Starrdeichsel-Anhänger mit Einzel- oder Doppelachse müsse für eine ausreichende Anhänger-Stützlast Sorge getragen werden, um die spurführende Hinterachse des Zugfahrzeugs ausreichend zu belasten. Dies ist durch entsprechende Beladung oder ggf. Anpassung der Höhe der Anhängerkupplung möglich.

Hinweisbeschluss OLG Zweibrücken, 4 U 63/24

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Kreuzungsunfall mit Notarztwagen

Auch bei einer Einsatzfahrt unter Sonderrechten (Blaulicht und Martinshorn) kommt dem Erfordernis der Verkehrssicherheit stets Vorrang gegenüber dem Interesse des Einsatzfahrzeugs an einem schnellen Vorankommen zu. Je mehr von den Verkehrsregeln abgewichen wird, desto größere Sorgfaltsanforderungen sind zu stellen. Bei Rot darf eine Kreuzung nur überquert werden, wenn sich der Fahrer überzeugt hat, dass andere Verkehrsteilnehmer ihn wahrgenommen und sich auf seine Fahrt eingerichtet haben. Hierauf darf er bei einer freien Fahrbahn im Querverkehr nicht vertrauen. Kommt es dann trotzdem zu einem Unfall, obwohl andere Fahrzeuge vor der Kreuzung aufgrund des Notarztwagens warten, kommt eine hälftige Schadensteilung in Betracht.

OLG Frankfurt, 17 U 121/23

Zu diesem Thema gibt es viele Urteile mit ganz unterschiedlichen Haftungsaufteilungen, u.a. OLG Schleswig bei Unfall mit entgegenkommenden Linksabbieger.

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