Anwaltskosten bei Einstellung wegen Verjährung

Grundsätzlich trägt die Staatskasse auch die außergerichtlichen Kosten des Betroffenen (Anwaltskosten), hiervon kann nur im Ausnahmefall abgesehen werden. Hierbei soll nach dieser Entscheidung eine mit Sicherheit zu erwartende Verurteilung bei Wegfall des Verfahrenshindernisses keine Bedingung sein, es müssen aber ein ausreichender Tatverdacht und weitere Umstände vorliegen, die es billig erscheinen lassen, dem Betroffenen die Auslagenerstattung zu versagen.

Hier war die Verjährung nicht durch die Verteidigung, sondern ausschließlich vom Gericht zu vertreten, somit wäre es unbillig, die Anwaltskosten nicht zu erstatten.

LG Wuppertal, 26 Qs 112/24 (643 Js 93/24)

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Abgesenkter Bordstein und die Vorfahrt

Wer über einen abgesenkten Bordstein auf eine andere Straße einfahren will, muss die Vorfahrt gewähren. Hier gilt nicht rechts vor links (§ 8 I 1 StVO), nach § 10 S.1 StVO muss in diesem Fall die Vorfahrt gewährt werden. Geschieht dies nicht und es kommt zu einem Unfall, spricht eine Beweis des ersten Anscheins gegen den einfahrenden Verkehrsteilnehmer. Kommen keine Sonderaspekte zum tragen, haftet er voll.

LG Lübeck, 17 O 158/22

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Schmerzensgeldhöhe

Bei einer 85-jährigen Fußgängerin, die durch einen LKW am Bein überrollt wird und der der linke Unterschenkel amputiert werden muss, ist unter Berücksichtigung der weiteren Unfallverletzungen  (Gesichtsfraktur, Riss-/Quetschwunde am Hinterkopf, hypovolämer Schock durch hohen Blutverlust, Bänderzerrungen im HWS-Bereich und ein Zahnverlust) ein Schmerzensgeld von 70.000 € angemessen. Es muss bedacht werden, dass bei älteren menschen die Lebenserwartung mit dieser Einschränkung wahrscheinlich kürzer ist, andererseits sich aber ältere Menschen mit der Umstellung schwerer tun.

OLG Schleswig, 7 U 128/23

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Fahrtenbuch bei Firmenfahrzeug

Grundsätzlich muss in einer Firma nachvollziehbar dokumentiert werden, wer wann welches Fahrzeug gefahren ist. Hierbei darf es nicht auf die Erinnerung einzelner Personen ankommen (BayVGH, 11 CS 24.628).

Kann der Fahrer nicht ermittelt werden, muss kein schuldhaftes Verhalten des Halters gegeben sein.Die sog. Zwei-Wochen-Frist, innerhalb derer ein Zeugenfragebogen zugehen muss, ist auf Firmenfahrzeuge nicht anwendbar. Es reicht für eine Fahrtenbuchauflage aus, wenn ein punktebewehrter Verstoß vorliegt. Auf eine besondere Gefährlichkeit kommt es nicht an (VG Düsseldorf, 14 L 1352/24).

Allerdings muss auch die Behörde alle zumutbaren Ermittlungsmaßnahmen treffen. Ist bei einem guten Foto und der Besonderheit des Fahrzeugs die Annahme naheliegend, dass es der Geschäftsführer war, und lässt sich mittels einfacher Google-Suche außerhalb von sozialen Netzwerken ein Vergleichsfoto ermitteln, muss die Ermittlungsbehörde diese naheliegende Möglichkeit ergreifen. Eine Fahrtenbuchauflage stellt nämlich keine Sanktion dar, sie hat präventiven (Ermittlungs-) Charakter (VG Berlin, 37 K 11/23).

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Freie Fahrt bei Blaulicht und Martinshorn

Wer fahrlässig die Durchfahrt eines Polizeiwagens mit Sonderrechten verhindert, riskiert eine Geldbuße von 240 € und einen Monat Fahrverbot. Im Urteil muss dann allerdings sehr genau festgestellt werden, wie die jeweilige Verkehrslage war. Hierzu gehören neben den gefahrenen Geschwindigkeiten auch die Abstände. Hier war nicht ausreichend dargestellt, in welcher Entfernung der Betroffene noch zum Überholen vor dem Streifenwagen ansetzte und wie hierdurch der Polizeiwagen behindert wurde. Dies wird nachzuholen sein.
Angemerkt wird dann noch, dass sich ein Fahrverbot auch auf das Führen von fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen bezieht.

OLG Hamm, 5 ORbs 132/24

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