Terminsverlegung im Bußgeldverfahren

Auf eine Terminsverlegung besteht grundsätzlich kein Anspruch (somit eigentlich keine Beschwerde zulässig, § 305 iS.1 StPO). Ausnahmsweise ist bei verweigerter Terminsverlegung eine Beschwerde dann doch zulässig, wenn diese Entscheidung der Nichtverlegung rechtswidrig ist. Hierzu gehört auch eine fehlerhafte Ermessensausübung.
Über Anträge auf Terminsverlegung muss unter Abwägung der gerichtlichen Terminplanung,, der Gesamtbelastung des Gerichts, des Gebots der Verfahrensbeschleunigung und des berechtigten Interesses aller Verfahrensbeteiligten entschieden werden. Dies gilt auch bei einem zweiten Verlegungsantrag durch den Verteidiger.
Termindruck und Beschleunigungsgebot können nicht entscheidungserheblich sein, wenn eine Verschiebung am selben Tag auf früh morgens oder nachmittags angeboten wird. Und das Beschleunigungsgebot kann auch erst entscheidungserheblich werden, wenn eine zeitnahe Verfolgungsverjährung droht. Und weil diese Erwägungen in dem Ablehnungsschreiben des Gerichts (offenbar ein Musterschreiben, das immer verwendet wird) hervorgestellt wurden, zeigt dies, dass die Richterin von vorneherein und unabhängig von dem geltend gemachten Grund nicht zu einer Verlegung bereit war. Es wurde auch nicht versucht, einen anderweitigen Termin mit dem Verteidiger abzustimmen.
Und natürlich hat ein Betroffener ein besonderes Interesse an der Verteidigung durch den von ihm gewählten Verteidiger. Die Richterin hatte nämlich auch angeführt, es könnte ja irgendein Kollege vor Ort in Untervollmacht verteidigen.
LG Braunschweig, 2b Qs 346/24
Und in einem Parallelverfahren dann noch der Hinweis darauf, dass offenbar das angesprochene Musterschreiben verwendet wurde, denn in dem Schreiben geht die Richterin von einer standardisierten Geschwindigkeitsmessung aus, obwohl es um einen Abstandsverstoß geht.
LG Braunschweig, 2b Qs 342/24

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Alkoholabhängigkeit

Bei Alkoholabhängigkeit ist keine Fahreignung gegeben (Anlage 4 zu § 11 FeV). Sie kann aber durch eine Entwöhnungsbehandlung wiederhergestellt werden (Abhängigkeit beseitigt, 1 Jahr Abstinenz), Neben stationären Therapien kommen auch ambulante Maßnahmen von 24 Wochen, ganztägige ambulante Behandlungen in Tageskliniken an Werktagen über 8-16 Wochen und stationär-ambulante Kombinationstherapien in Betracht, nicht aber eine stationäre Entgiftung mit Nachsorgekontakten, die sporadisch stattfinden und der Rückfallprophylaxe dienen.

Es kann als wissenschaftlich gesichert angesehen werden, dass Betroffene mit einer BAK ab 1,6 Promille über deutlich abweichende Trinkgewohnheiten und eine ungewöhnliche Trinkfestigkeit verfügen. Erschwerend kam sicherlich hinzu, dass er bei Aufnahme im Krankenhaus angegeben hatte, täglich max. 3-4 Bier zu trinken und keine Entzugserscheinungen habe. Tatsächlich hatte er aber 1,64 Promille, was bei 4 Bier unmöglich war. Das Krankenhaus hatte nach psychiatrischer und körperlicher Untersuchung Alkoholabhängigkeit diagnostiziert.

BayVGH, 11 ZB 24.505

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MPU

Vor Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ist eine MPU anzuordnen, wenn ein Fahrzeug im Verkehr mit mehr als 1,6 Promille geführt wurde. Dies gilt auch bei einer Fahrt mit einem nicht motorisiertem Fahrzeug, also einem Fahrrad oder einem diesem gleichgestellten Pedelec.

BayVGH, 11 CS 24.1484

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Serienmäßiger Heckspoiler

Wird in der Waschanlage ein serienmäßiger Heckspoiler abgerissen, haftet der Betreiber der Waschanlage. Eine Freizeichnung gegen solche Schäden bei nicht zur Serienausstattung gehörenden Anbauteilen kann nicht erfolgen, auch nicht durch den pauschalen Hinweis „Achtung Keine Haftung für Anbauteile und Heckspoiler!“. Hier hätte der Betreiber schon konkret bestimmte Fahrzeugtypen ausschließen müssen.

BGH, VII ZR 39/24

Der Beweis, dass der Spoiler schon vorher locker war, wäre also durch den Betreiber zu führen.

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Einstellung in der Hauptverhandlung

Wird das Verfahren in der Hauptverhandlung eingestellt, trägt die Staatskasse grundsätzlich auch die notwendigen Auslagen (Anwaltskosten) des Betroffenen. Hiervon kann nur in Ausnahmefällen (vgl. §§ 109a II OWiG, 467 II-IV StPO) abgesehen werden, ein solcher Beschluss ist zu begründen. Wird erst in der Hauptverhandlung vorgetragen, dass der Betroffene nicht der Fahrer sei, ist dies unerheblich, er muss keine Angaben zur Sache (vorher) machen, auch nicht einen anderen Fahrer benennen.

BVerfG, 2 BvR 375/24

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